Frage an Kerstin Griese von Bernd und Ulrike B. bezüglich Familie
Halten Sie es familienpolitisch für richtig, dass der Kinderfreibetrag bei der Berechnung der Einkommensteuer immer noch und insbesondere in den unteren bis mittleren Einkommensgruppen der Kindergeldleistung komplett gegengerechnet wird? Die hier aktuell praktizierte Regelung führt dazu, dass Eltern mit gehobenen Einkommen (ab ca. 75.000 Euro jährlich) über die Gegenrechnung des Steuerfreibetrages auch noch eine über das Nettokindergeld hinausgehende höhere Entlastung erhalten. Eigentlich genau die Gruppe, die das Kindergeld wohl in geringerem Umfang benötigt. Warum sind besondere Ausgaben z.B. im Rahmen des Schulbesuchs (Nachhilfe, Arbeitsmittel, Schulbuchanteil, Klassenfahrten, Essensgeld, Sportverein, Bekleidung, Taschengeld, usw.) nicht zusätzlich als Sonderausgaben absetzbar? Die seiner Zeit vorgenommene Kindergelderhöhung war doch für die Bezieher mittlerer Einkommen durch den Quasi-Wegfall des Kinderfreibetrages eine Farce, nämlich +-0. Da hilft übrigens auch kein Ehegattensplitting, denn bereits bei gering erzeiltem und notwendigem Einkommen des Ehepartners (850 Euro) ist es mit dem Steuervorteil endgültig vorbei. Bei Beibehalten der Klassen III und V kommt es regelmäßig zu Steuernachforderungen bis zu 1000 Euro und mehr plus Steuervorauszahlungsbescheid. Das ist alles andere als familienfreundlich und kaum noch zu bewältigen.
Sehr gehrte Frau Berein, sehr geehrter Herr Berein,
mit vielen Ihrer Anmerkungen haben sie Recht. Auch ich bin mit der steuerlichen Familienförderung, wie wir sie zurzeit kennen, unzufrieden. Allerdings sind uns bei der Festlegung des Steuerfreibetrags, der das Existenzminimum der Kinder schützt, die Hände gebunden: dies ist vom Bundesverfassungsgericht so festgelegt.
Die rot-grüne Bundesregierung hatte dreimal das Kindergeld erhöht, damit die Schere zwischen Kindergeld und Steuerfreibetrag nicht mehr so weit auseinander klafft. Heute profitieren elf Prozent der Kinder vom Steuerfreibetrag, für den Großteil wird stattdessen das einheitliche Kindergeld gezahlt. Das ist immer noch nicht sozial gerecht, lässt sie aber wegen des Verfassungsgerichts kaum ändern.
Eine weitere Erhöhung des Kindergeldes halte ich nicht für richtig. Denn Priorität muss die Investition in eine soziale Infrastruktur haben, die den Kindern direkt zugute kommt. Während Deutschland im europäischen Vergleich hohe direkte Zahlungen an die Familien vornimmt, liegen wir bei Einrichtung zur Bildung und Betreuung von Kindern weit zurück.
Nachgewiesene Ausgaben für Kinder sind in der Regel nicht gesondert absetzbar. Die SPD hat aber immerhin dafür gesorgt, dass beruflich bedingte Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden können – seit dem letzten Jahr sogar im größeren Umfang als zuvor. Zwei Drittel der Kosten bis zu einem Betrag von 6000 Euro können abgesetzt werden – und zwar ab dem ersten Euro. Letzteres war uns besonders wichtig, damit nicht nur Spitzenverdiener mit sehr hohen Betreuungsausgaben in den Genuss dieser Steuererleichterung kommen.
Sie haben recht: eine Reform des Ehegattensplittings ist dringend nötig. Denn auch Ihr Beispiel zeigt, dass unser Steuersystem ein Beschäftigungshemmnis gerade für Frauen ist. Allerdings sperren sich die CDU und insbesondere die CSU vehement gegen alle Versuche, zu einer zeitgemäßen Neuregelung zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese