Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Helmut L. •

Frage an Kerstin Griese von Helmut L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Die deutsche Sektion der internationalen Juristenorganisation Ialana hält den Tornado-Einsatz in Afghanistan für völkerrechtswidrig. Als Grund führen die Rechtsexperten in einer vorliegenden Analyse an, die von den Tornado-Aufklärungsjets beschafften Daten und Bilder würden auch im Rahmen der US-geführten Anti-Terror-Mission «Enduring Freedom» (OEF) zur «Feindaufklärung und Leitung des Artilleriefeuers Verwendung finden». Die Juristen gehen damit von einer Unterstützung der offensiv angelegten US-Kampfeinsätze gegen die Taliban durch die Bundeswehr aus. Beim Tornado-Beschluss des Bundestages gehe es deshalb «zumindest auch um eine Unterstützung» dieser Operationen. Dafür gebe es aber keine völkerrechtliche Grundlage. Die Juristen weisen in ihrer Analyse darauf hin, dass die Tornado-Kampfflugzeuge zwar auf Grundlage des UN-mandatierten Isaf-Einsatzes an den Hindukusch entsandt werden sollen, dieser Einsatz aber - «zunehmend gewollt» - auch Bestandteil der Anti-Terror-Operation «Enduring Freedom» sei. «Sie vermischen sich in der Praxis», heißt es in der Expertise. Die Juristen geben in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es sich bei OEF weder um eine UN-Mission noch um einen Nato-Einsatz handele - auch wenn die Nato wegen der Anschläge vom 11. September 2001 den «Bündnisfall» im Sinne von Artikel 5 des Nato-Vertrages beschlossen hatte. Vielmehr führten die USA die Anti-Terror-Operation «unter eigenem Kommando». Der Krieg gegen den Terror in Afghanistan findet nach Überzeugung der Juristenorganisation insofern nicht im Rahmen der Nato-Strukturen unter Nato-Oberbefehl statt. Ein solcher Krieg sei allerdings nicht durch Artikel 51 der UN-Charta als Selbstverteidigung gerechtfertigt, betonen die Experten. «Also wird hier ein Krieg geführt, der gegen die Regeln der UN-Charta verstößt und völkerrechtswidrig ist.» Das betrifft demnach auch «alle Unterstützungsleistungen» der Bundeswehr im Rahmen der «Operation Enduring Freedom».
Halten Sie sich an die UN-Charta??

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Löffelmann,

in einer persönlichen Erklärung, die ich zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen zu der Entscheidung über den Tornadoeinsatz abgegeben habe, habe ich darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des Deutschen Bundestages – und mit ihnen die Abgeordneten der SPD – 2001 eine Grundsatzentscheidung getroffen haben: Deutschland ist der Bitte der afghanischen Regierung nachgekommen, sich an einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) zu beteiligen. Durch diesen Einsatz auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta wollten wir Afghanistan auf seinem Weg des Wiederaufbaus begleiten und stabilisieren. Den vorläufigen Staatsorganen Afghanistans sollte die Vorbereitung und Durchführung von demokratischen Wahlen in sicherem Umfeld ermöglicht werden. Der Bevölkerung Afghanistans sollte mit Unterstützung der Vereinten Nationen und zahlreicher internationaler Hilfskräfte eine Chance auf einen Neuanfang in Sicherheit und politischer Selbstbestimmung gegeben werden. Wir haben Afghanistan und seiner Bevölkerung damit Unterstützung zugesagt, sich vor der erneuten Kontrolle durch extremistische und terroristische Kräfte und vor der Ausbeutung von Land und Leuten zu schützen.

An diesen grundsätzlichen Zielen hat sich nichts geändert. Der Bundestag hat das ISAF-Mandat daher nicht nur verlängert, sondern auch auf Regionen jenseits von Kabul ausgeweitet. Die Bundesregierung hat die deutsche Verantwortung für die Zukunft Afghanistans nicht zuletzt im „Afghanistan Compact“ Anfang 2006 bestätigt. Ressortübergreifend leistet Deutschland daher unermüdlich und mit umfangreichen finanziellen Mitteln einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Landes. Besonders hervorzuheben sind dabei die Ausbildung der afghanischen Polizei und insbesondere die beachtenswerten Programme und Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit. Deutsche Bundeswehrsoldaten kommen dabei weiter ihrem Mandat nach und sichern die Bemühungen der afghanischen Zivilbevölkerung und der internationalen Hilfskräfte ab. Nicht zuletzt durch die Einbeziehung der afghanischen Zivilgesellschaft und ziviler Hilfskräfte konnten deutsche Soldaten Vertrauen schaffen und dadurch nachhaltige Verbesserungen erreichen. Das bisherige Auftreten der deutschen Bundeswehrsoldaten und der deutsche Ansatz der zivil-militärischen Zusammenarbeit haben sich bewährt.

Wir sehen in der Entsendung von Tornados keine qualitative Änderung des bisher von Deutschland verfolgten Kurses. Auch der Einsatz von Tornados zielt darauf ab, Afghanistan bei der Gewinnung und Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zu unterstützen. Die Aufklärungsflüge dienen der Sicherheit der Menschen und internationalen Hilfskräfte und damit der Stabilität weit über den Süden Afghanistans hinaus.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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