Frage an Kerstin Griese von Juergen V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Griese,
mit heutigen Pressemitteilungen wird verkündet, dass die geplante Erhöhung der Mütterrente aufgrund "technischer Probleme" nicht wie vorgesehen am 1.1.2019 umgesetzt wird.
Welche technischen Probleme lagen vor?
Eine weitere Frage bezieht sich auf die Erhöhung der Obergrenze der Parteifinanzen um 15 Prozent vom 15.Juni 2018. Sie haben in namentlicher Abstimmung der Erhöhung zugestimmt Des Weiteren wurden eine Erhöhung der Diäten und Fraktionsgelder mit der Regierungsmehrheit beschlossen.
Die SPD hat in den GROKO Verhandlungen immer betont, dass für sie erst das Land dann die Partei kommt.
Trifft diese Aussage noch zu?
Für die Beantwortung bedanke ich mich mit freundlichen Grüßen
J. V.
Sehr geehrter Herr V.,
zu Ihrer ersten Frage: Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat tatsächlich mitgeteilt, dass die Auszahlung der Neuregelung bei der Mütterrente eventuell nicht bis zum 1.1.2019 umgesetzt werden kann, wenn das Gesetz wie geplant erst kurz vorher beschlossen wird. Das ist allerdings kein Problem, denn die Mütterrente wird dann ein paar Monate später rückwirkend ausgezahlt. Das war auch bei der Einführung der Mütterrente I im Jahr 2014 so, da die Neuberechnung und Auszahlung von ca. 10 Millionen Renten natürlich Zeit benötigt. Das wird nicht zu Nachteilen für Rentnerinnen und Rentner führen.
Zu Ihrer zweiten Frage: In Deutschland gibt es eine staatliche Teilfinanzierung der Parteien. Diese dient der Wahrung der Chancengleichheit der Parteien, damit nicht Parteien, die auf Grund ihrer politischen Positionen viele und hohe Spenden erhalten, im politischen Wettbewerb bevorteilt werden. Die Finanzierung der Parteien ist durch eine absolute Obergrenze gedeckelt, die jährlich gemäß eines vom Statistischen Bundesamt ermittelten und für Parteiausgaben typischen, Preisindexes angepasst wird. Erstmals seit dem Jahr 2011 soll die absolute Obergrenze für die Gesamtsumme der staatlichen Mittel, mit denen in einem Jahr alle Parteien unterstützt werden, einmalig von 165 Mio. Euro auf 190 Mio. Euro erhöht werden. Denn obwohl die Parteien aufgrund von selbsterwirtschaftete Einnahmen eine Summe von mittlerweile ca. 190 Mio. Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung beanspruchen könnten, kommt diese wegen der aktuellen Höhe der absoluten Grenze nicht zum Tragen, sondern wird aktuell um etwa 27 Millionen Euro gekürzt.
Die Erhöhung ist auch notwendig, da die oben genannten Kriterien keine Kosten berücksichtigen, die den Parteien durch erhebliche Veränderungen politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen im Rahmen der ihnen durch Art. 21 Absatz 1 Satz 1 unseres Grundgesetzes übertragenen Aufgaben entstehen. Wir erleben überall die Digitalisierung unserer Welt. Die Meinungsbildung in unserer Demokratie findet zunehmend in einem „digitalen Kontext“ statt. Nicht nur die Wirtschaft und insbesondere die Medien investieren massiv in die Digitalisierung. Vor allem die Feinde der Demokratie nutzen das Internet und die Sozialen Medien massiv für ihre demokratiefeindliche Propaganda, Hetze gegen Andersdenkende und die Verbreitung von Fake News. Gezielte Kampagnen beeinflussen immer mehr im Netz nicht nur die Entwicklung der öffentlichen Meinung, sondern sie beeinflussen in entscheidender Weise mittlerweile auch den Ausgang von Wahlen.
Parteien haben den verfassungsmäßigen Auftrag, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Ob sie wollen oder nicht, auch sie müssen zur Sicherstellung dieses Auftrages die neuen digitalen Kommunikationswege aktiv nutzen und auf den neuen Plattformen präsent sein. Die Kommunikation muss dabei auch online in einem geschützten Raum stattfinden können, muss darüber hinaus gegen Cyberangriffe geschützt werden und wird dadurch technisch und finanziell gleichsam anspruchsvoller. Neue Instrumente der innerparteilichen Willensbildungs- und Beteiligung sowie anspruchsvollere Transparenz- und Rechenschaftsanforderungen erhöhen den Aufwand noch einmal erheblich. Um den Parteien die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben und Erfordernisse im Rahmen ihres Verfassungsauftrages zu ermöglichen, wird die absolute Obergrenze einmalig angehoben. Nicht nur die SPD, sondern alle im Bundestag vertretenen Parteien werden jetzt höhere staatliche Zuwendungen erhalten.
Die Erhöhung der Leistungen für die Bundestagsfraktionen liegt an der gestiegenen Anzahl der im Bundestag vertretenen Fraktionen von vier auf sechs sowie der damit verbundenen Zunahme der Zahl der Abgeordneten von 630 auf 709. Im Abgeordnetengesetz (§50) heißt es: „Die Geldleistungen setzen sich aus einem Grundbetrag für jede Fraktion, aus einem Beitrag für jedes Mitglied und einem weiteren Zuschlag für jede Fraktion, die nicht die Bundesregierung trägt (Oppositionszuschlag) zusammen.“ Die Leistungen an die Fraktionen sind lt. Abgeordnetengesetz an die allgemeine Entwicklung der Preise, Löhne und Gehälter anzupassen. Alle Fraktionen brauchen eine angemessene finanzielle Ausstattung. Die Oppositionsfraktionen müssen z.B. in der Lage sein, die Arbeit der Regierungsfraktionen entsprechend zu beaufsichtigen und zu kontrollieren.
Eine Erhöhung der Diäten der Abgeordneten ist nicht beschlossen worden. Die Abgeordnetendiäten sind an den Nominallohnindex, also an die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten, gekoppelt. Dieses Jahr sind sie deshalb im Juli um 2,5 % gestiegen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese