Frage an Kerstin Griese von Rebecca M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Griese,
Bei vielen Psychotherapeuten, vor allem aber bei Therapeuten die mit der Verhaltenstherapie arbeiten, stelle ich fest, dass die Wartezeiten für Patienten immer länger werden. Teilweise muss man sich auf eine Warteliste setzen lassen, um in 6 Monaten einen Termin zum Erstgespräch zu bekommen. Nun stellen sie sich einen Menschen mit zum Beispiel Depressionen vor, Der sich mit Antriebslosigkeit, Suizidgedanken, Selbstverletzung, Stimmungsschwankungen, Schlafproblemen, Ängsten,Hoffnungslosigkeit usw rumschlägt.der dann endlich bemerkt, dass er Hilfe braucht. Nun steht er also auf und sucht sich eine praxis raus. Sie könnten ihn immoment nicht helfen, sagen sie, er käme auf die Warteliste, der erste Termin wäre in ca 6 Monaten. Er ruft bei der nächsten an.der frühstmögliche Termin wäre in 4 Monaten. Das beste was ihm gesagt wurde, war eine Wartezeit von 2 Monaten. Meinen sie, dieser Mensch hält das so lange aus?
Ich denke nicht.
Ich persönlich kenne einen Menschen, der sich aus lauter verzweiflung umgebracht hat.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich ihnen sagen, dass man sich verloren fühlt. Ich weiss nicht, wie lange ich selbst versucht habe, schnellstmöglich einen Termin zu bekommen. Es hat mich 5 Monate und 20 000 Nerven gekostet, bis ich ein Erstgespräch hatte.
Ich habe mich gefühlt, als wolle mir niemand helfen.Und das ist ein sehr schlechtes Gefühl, wie sie sich denken können, Frau Griese.
Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch so lange auf Hilfe warten muss.
Würden sie einen Menschen mit gebrochenen Bein auch 6 Monate auf einen Krankenhausplatz warten lassen?
Meiner Meinung liegt dass an dem völlig überholten Kassenzulassungsprinzip.
Wie sie wahrscheinlich wissen, dürfen in einem bestimmten Gebiet nur so und so viele Psychotherapeuten mit Kassenzulassung praktizieren.
Wie stehen sie dazu?
Und wie kann man so etwas ändern, sodass Menschen, die Hilfe brauchen, diese Hilfe auch bekommen?
Mit Freundlichen Grüßen,
Rebecca Mischke
Sehr geehrte Frau Mischke,
das von Ihnen beschriebene Problem der langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz bei einem/einer Psychotherapeutin ist bekannt. Ich verstehe Ihren Unmut sehr gut und setze mich dafür ein, dass es Verbesserungen für psychisch erkrankte Menschen gibt.
Deshalb haben wir auch die Psychotherapie-Richtlinien neu überarbeitet. Die neue Psychotherapie-Richtlinie tritt zum 1.4.2017 in Kraft und sieht eine umfangreiche Strukturreform der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung vor. Patient/innen sollen zeitnah einen niedrigschwelligen Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung erhalten. Eine wichtige Neuerung ist, dass Patient/innen künftig vor Beginn einer Behandlung eine psychotherapeutische Sprechstunde aufsuchen müssen. Dort klärt der/die Psychotherapeut/in, ob der/die Patient/in eine Therapie benötigt oder ihm/ihr mit anderen Beratungs- und Unterstützungsangeboten geholfen werden kann. Brauchen Patient/innen im Anschluss an eine Sprechstunde zeitnah eine Therapie, ist künftig eine Akutbehandlung möglich. Dafür ist auch kein Antrags- oder Gutachterverfahren nötig.
Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sollen ab April nächsten Jahres Termine bei Psychotherapeuten vermitteln. Damit sollen Patient/innen innerhalb von vier Wochen einen Termin erhalten. Mit diesen geänderten Regeln ermöglichen wir einen deutlich schnelleren Zugang zu notwendigen Therapien, denn monatelange Wartezeiten auf einen Therapieplatz führen nicht selten zu Verschlechterung der Erkrankungen und bringen starke Belastungen für Patient/innen mit sich. Bis das neue System sich etabliert hat, braucht es allerdings noch etwas Zeit. Ich hoffe aber, dass sich die Situation schnell verbessert, damit psychisch kranke Menschen die nötige Hilfe bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese