Frage an Kerstin Griese von Tatev H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Griese,
aus den Medien entnehme ich das am 02.06.2016 eine Resolution zum Genozid an den Armeniern verabschiedet werden soll. Ich bin skeptisch, dass Ihre Fraktion wie bekundet handeln wird. Aus zwei Gründen: Schon im letzten Jahr wurde zugesichert, das rasch eine Anerkennung des Genozides erfolgen werde, ohne das über ein Jahr etwas geschah. Zum anderen sehe ich mit großer Sorge, wie nicht nur der türkische Staat und sein Botschafter, sondern auch türkische Organisationen und Migrantenverbänden (wie die DITIB, UETD und diverse Akademikervereinigungen) verhindern wollen, dass es zu einer Anerkennung kommt, indem Sie den Genozid leugnen und Druck auf Sie ausüben. Gerne wüsste ich, was Ihre Position in dieser Sache ist, insbesondere, wie sie die Drohungen der türkischen Organisationen einschätzen und wie sie bei einer entsprechenden Abstimmung votieren würden?
Viele Grüße !
Sehr geehrte Frau Hanesyan,
ich unterstütze die geplante Resolution des Bundestags. Mir geht es darum, der deutschen Mitverantwortung an der massenhaften Ermordung und Vertreibung der Armenier und anderer christlicher Minderheiten gerecht zu werden, und nicht um einen erhobenen Zeigefinger der türkischen Regierung gegenüber. Auch das deutsche Kaiserreich hat als Verbündeter des Osmanischen Reiches Schuld auf sich geladen. Die Akten des Auswärtigen Amtes beweisen, dass Deutschland über die Massaker Bescheid wusste und seine schützende Hand über den Verbündeten gehalten hat, ohne die der Völkermord kaum möglich gewesen wäre.
Die Bundestagsresolution ist aus meiner Sicht keine Anklage gegen die Türkei und schon gar nicht gegen die heutigen Türkinnen und Türken, die an den vor mehr als hundert Jahren stattgefundenen Pogromen naturgemäß persönlich keine Schuld tragen. Zumal es auch damals Türken gab, die sich mit großem Mut schützend vor die verfolgten Menschen gestellt haben. Aber es geht um die Verantwortung für die Geschichte. Die Erinnerung an die Opfer und das klare Bennen, dass damals ein Völkermord stattgefunden hat, gehören dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese