Frage an Kerstin Griese von Femi K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo, wie wäre es, wenn man das bedingungslose Grundeinkommen in Deutschland einführt, anstatt die Menschen mit Hartz 4 zu quälen? Für eine menschenwürdige Gesellschaft. Eltern hätten mehr Zeit für ihre Kinder. Vor allem alleinerziehende Mütter und Väter wären entspannter. Durch die Muße könnten fortschrittliche Ideen entstehen, tolle Erfindungen gemacht werden. Klar schlechte Bezahlung- oder unangenehme Jobs nehmen dann ab. Finanzierbar ist es!! In Alaska funktioniert´s. Über eine Antwort freue ich mich.
Gruß aus Köln.
Sehr geehrte Frau Kusimo,
insbesondere aus Sicht der Kinder stehe ich den Konzepten des bedingungslosen Grundeinkommens mehr als skeptisch gegenüber. Die Zahl der Kinder, in deren Familien schon in der dritten Generation niemand mehr einer Erwerbstätigkeit nachgeht, steigt stetig. Die Chancen dieser Kinder, einmal ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, sind sehr unbestimmt. Manchmal geben sie bereits selbst als Berufsziel „Hartz IV“ an.
Eine vierköpfige Familie, die von Hartz IV lebt, bekommt in Köln ungefähr 2100 bis 2200 Euro, je nach Miet- und Heizkosten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das wir nicht auf Kosten der künftigen Generation finanzieren wollen (im Unterschied zu Alaska haben wir keine Öleinnahmen), wäre sicherlich nicht höher. Ich halte das für den falschen Weg, um die Lebenschancen von Kindern zu verbessern.
Aus anderen Ländern, beispielsweise aus Skandinavien, wissen wir, dass ein zeitgemäßer Sozialstaat weniger auf materielle Leistungen als auf eine leistungsfähige Infrastruktur für Kinder setzt. Besonders benachteiligt sind bei uns viele Kinder von alleinerziehenden Müttern. Diesen Kindern kann nur dann nachhaltig geholfen werden, wenn wir ihnen qualitativ hochwertige vorschulische und schulische Bildungsangebote machen, in denen sie optimal gefördert werden. Und gleichzeitig muss ihren Müttern der Einstieg in eine Erwerbstätigkeit ermöglicht werden, indem wir die Kinderbetreuung verlässlich und flexibel garantieren.
Die Herausforderung für den Sozialstaat der Zukunft liegt nicht darin, Konzepte für den völligen Verzicht auf die Erwerbsarbeit zu entwickeln, wie dies mit dem Grundeinkommen intendiert wird. Denn gerade in den jungen Familien sehen wir, dass beide Elternteile den Wunsch haben, ihrem Beruf nachzugehen. Dabei geht es nicht nur um die Sicherung des Lebensstandards. Sehr viele junge Frauen, die oft besser ausgebildet sind als die Männer gleichen Alters, wollen ihre Selbstständigkeit und ihre beruflichen Perspektiven erhalten. Hier muss die Wirtschaft, flankiert von politischen Maßnahmen, viel mehr tun, um dem zunehmenden Fachkräftemangel durch familienfreundliche Arbeitsplätze entgegenzuwirken. Die Bundesregierung, insbesondere die Arbeitsministerin Andrea Nahles und die Familienministerin Manuela Schwesig, haben viele Schritte in Angriff genommen, dies zu unterstützen. Das zuletzt deutlich verbesserte Elterngeld, das die Vereinbarkeit von Kind und Beruf unterstützt, ist dafür nur ein Beispiel.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese