Frage an Kerstin Griese von Benedikt W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Griese,
mich würde Ihre Meinung zur Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung (jetzt: „Höchstspeicherfrist“) interessieren.
Wir sind heute in der glücklichen Lage, in einem friedlichen und demokratisch stabilen Land zu wohnen. Wir können uns bei Problemen an Freunde, Gewerkschaften, kirchliche Einrichtungen und andere wenden und müssen uns dabei heute keine Sorge mehr machen, dass uns dabei jemand beobachtet und dies bei seinem Vorgesetzten zu einer Aktennotiz wird.
Neue Kommunikationsmittel sorgen dafür, dass Menschen einfacher miteinander kommunizieren können, auch über weite Entfernungen. Leider sorgt die dafür notwendige Infrastruktur auch dafür, dass diese Kommunikation sehr viel einfacher und kostengünstiger überwacht werden kann, als dies früher der Fall war. Die Enthüllungen von Edward Snowden zeigen uns, dass das weit über den legalen Rahmen hinaus auch weltweit stattfindet.
Aber auch die Gesetze, die in der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet werden, um eine Strafvervolgung zu erleichtern, stehen regelmäßig nicht im Einklang mit unseren Grundrechten. So musste z. B. das Bundesverfassungsgericht 2008 der nordrhein-westfälischen Online-Durchsuchung und 2010 der bundesrepublikanischen Vorratsdatenspeicherung ein Ende bereiten. Im Jahr 2011 hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages außerdem festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung nur zu einer marginalen Erhöhung der Aufklärungsquote beigetragen hat. Das spricht nicht dafür, dass die Einschränkung von Grundrechten und der Nutzen hier in einem vernünftigen Verhältnis standen. Schließlich wurde im letzten Jahr auch die EU-Richtlinie gerichtlich aufgehoben.
Sorgen Sie bitte mit dafür, dass in unserem Staat keine weiteren Datenbanken von unverdächtigen Menschen angelegt werden, sondern unsere Grundrechte gewürdigt werden und keine Gesetze mehr verabschiedet werden, die sich an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit befinden.
Mit freundlichen Grüßen,
Benedikt Wildenhain
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Höchstspeicherfrist. Inzwischen hat sich der SPD-Parteikonvent mehrheitlich hinter den Gesetzesentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas gestellt, der die Einführung von Höchstspeicherfristen vorsieht. Das Gesetz wird sowohl die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, als auch des Europäischen Gerichtshof einhalten. Eine Weitergabe gespeicherter IP-Adressen und Telefondaten seitens der Provider soll nur mit einem Richtervorbehalt möglich sein. Hierbei wird es keine Eilkompetenz für Staatsanwaltschaften und die Richterinnen und Richter sollen die Verhältnismäßigkeit prüfen. In diesem Gesetz ist erstmals eine Höchstspeicherfrist von zehn Wochen, bei Standortdaten sind es vier Wochen, vorgesehen. Ebenfalls ist es wichtig, das genau hingeschaut wird, welche Daten genau gespeichert werden: Rufnummern der beteiligten Telefonanschlüsse, Zeitpunkt und Dauer eines Anrufs, bei Mobilfunk die Standortdaten sowie wann und wie lange eine IP-Adresse einem bestimmten Computer, Smartphone o.ä. zugeordnet war, d.h. wann von diesem Gerät das Internet benutzt wurde. Nicht gespeichert wird der Inhalt von Telefongesprächen, welche Internetseiten aufgerufen wurden oder der Versand und Inhalt von E-Mails. Die Daten werden bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert, die das größtenteils bisher auch schon tun. Erst durch einen richterlichen Entschluss bei besonders schweren Straftaten können Strafverfolgungsbehörden die Daten anfordern. Die Datennutzung unterliegt also einem umfassenden Richtervorbehalt. Insgesamt ist der Gesetzesentwurf in meinen Augen ein guter Kompromiss zwischen Bürgerrechten und effektiver Strafverfolgung, zwischen Freiheit und Sicherheit.
Aus diesem Grund wird seitens des Staates auch keine Datenbank von unverdächtigen Menschen eingerichtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese