Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Horst M. •

Frage an Kerstin Griese von Horst M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Griese,

heute wird der 66. Geburtstag des Grundgesetzes gefeiert.
Ist dies berechtigt, schließlich wird vielfach gegen das GG bewußt verstoßen.

So müssen AlgII-Bezieher, wenn sie gegen überlange Gerichtsverfahren nach dem ÜVerfBeschG trotz erhaltener PKH noch Gerichtskosten vorauszahlen, § 197a SGG iVm § 3 GKG.
Ich sehe hierin einen klaren Verstoß gegen das GG.
Man nimmt damit Armen die Möglichkeik, ihre Rechte wahrzunehmen.
Dies sollte eigentlich von der SPD bekämpft werden.
Allerdings ist wohl gerade die SPD dafür verantwortlich.

Werden Sie sich für Arme, deren Rechte und für die Einhaltung des Grundgesetzes, Art. 3 I, einsetzen?

Viele Grüße
Horst Murken

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Murken,

zu Ihrer konkreten Frage nach den Gerichtskosten habe ich mich erkundigt und folgende Informationen erhalten: Die Verfahren vor den Sozialgerichten sind für Versicherte, Leistungsempfänger und behinderte Menschen grundsätzlich gerichtskostenfrei. Prozesskostenhilfe muss dennoch beantragt werden, wenn Anwaltskosten anfallen. Bei den Verwaltungs- oder Zivilgerichten ist das nicht so. Dort müssen alle Kläger Gerichtskosten bezahlen; bei Bedürftigkeit können sie aber Prozesskostenhilfe erhalten.

Diese sozialgerichtliche Gerichtskostenfreiheit gilt nicht für Klagen auf Entschädigung wegen überlangen Sozialgerichtsverfahrens. Eine solche Klage ist neben dem gerichtskostenfreien Hauptprozess zusätzlich beim Landessozialgericht zu erheben. (In finanzgerichtlichen Verfahren sind die Landesfinanzgerichte zuständig, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Oberverwaltungsgerichte, in Zivilverfahren die Oberlandesgerichte.) Jedoch kann für diese Entschädigungsklagen ein gesonderter Prozesskostenhilfeantrag gestellt werden, der im Erfolgsfalle auch die Gerichtskosten mit abdeckt. Geprüft werden bei einem solchen Antrag wie immer sowohl die Bedürftigkeit als auch Frage, ob hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Damit haben auch Arme die Möglichkeit, bei überlangen Gerichtsverfahren in allen Gerichtsbarkeiten ihre Rechte einzufordern.

Das geschieht auch:
Die Bundesregierung hat nach dem Inkrafttreten des Gesetzes (2011) zum 31.12.2013 ausgewertet, wie das Gesetz in Anspruch genommen wurde.
Diesen Erfahrungsbericht über die Anwendung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (Berichtszeitraum: 3. Dezember 2011 bis 31. Dezember 2013) finden Sie hier:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/029/1802950.pdf

Aus dem Bericht ergibt sich, dass in der Sozialgerichtsbarkeit von 145 gestellten Prozesskostenhilfeanträgen wegen überlanger Gerichtsverfahren ein knappes Viertel bewilligt wurde. Bei den eingereichten Entschädigungsklagen betrug die Erfolgsquote insgesamt 13 Prozent. Die in diesem Zeitraum durch Urteil oder Vergleich zugesprochene Entschädigungssumme belief sich auf insgesamt 96.260 Euro.
Ich meine, das kann sich insgesamt als zusätzlicher Rechtsschutz sehen lassen.

Was das Grundgesetz angeht: Es gibt unserem Rechtsstaat eine solide Grundlage und uns Bürgerinnen und Bürgern guten Schutz bei Eingriffen in unsere Grundrechte. Die Welt ist nicht ideal. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Rechte bei unabhängigen Gerichten einklagen und auch erhalten können. Das ist gewährleistet.

Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese

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