Frage an Kerstin Griese von Ariana J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Liebe Frau Griese,
mein Name ist A. J. und ich hätte da eine Frage. Ich bin eine Frau, die sich viele Gedanken macht und beziehe zur Zeit Hartz4. Aufgrund einer Erkrankung hat man mir geraten die Erwerbslosenminderungsrente zu beantragen. Nun aufgrund einiger Beobachtungen unserer Gesellschaft ist mir eine Idee eingefallen und bin gespannt, was sie von meiner Idee halten. Ich habe in einem Altersheim ein Praktikum gemacht und fühlte mich der enormen Verantwortung dort nicht gewachsen, denn den Pflege-Präsenz-und Leitungskräften wird dort enorm viel abverlangt. Es reicht gerade dazu aus, den alten Menschen das Nötigste zukommen zu lassen. Doch sind diese Menschen dort schrecklich einsam und niemand hat Zeit um mit ihnen ihre letzten Tage gemeinsam zu verbringen. Da mein bester Freund sein letztes halbes Jahr bei mir verbracht hat und meine Familie und ich ihn beim Sterben begleiten durften, weiß ich wie schön es ist noch viele Dinge gemeinsam erleben zu dürfen. Es waren Kleinigkeiten, wie gemeinsame Spaziergänge mit dem Rollstuhl, das Besuchen von Freunden, Filme-und Musiknachmittage und viele Gespräche.
Nun komme ich auf eine von mir erdachte alternative Idee. Mit Hartz4 komme ich persönlich sehr gut klar und habe alles was wir brauchen: Eine schöne Wohnung, Kleidung, essen und hier und da Ausgaben für persönliche Wünsche. Als allein Erziehende koche ich jeden Tag, putze, gehe einkaufen, kümmere mich um die Belange meiner Söhne und regel die Finanzen.
Was wäre, wenn ich weiterhin Hartz4 beziehe und dafür ehrenamtlich in einem Altersheim meine Zeit mit einigen alten Menschen verbringe. Ich würde keinen Lohn verlangen, denn mit Hartz4 komme ich persönlich gut aus. Stattdessen hätte ich aber die Freiheit meine Zeit selbst einzuteilen, damit Haushalt und Kinder und auch ich selber nicht zu kurz kommen.
Ich glaube damit wäre nicht nur mir selber gedient. Ob dieser Vorschlag realisierbar ist, überlasse ich nun der Entscheidung der Politik dieses Landes.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostertage :-)
Herzliche Grüße
Ariana
Sehr geehrte Frau Jehle,
vielen Dank für Ihren Vorschlag, ehrenamtlich in einem Altersheim Zeit mit den BewohnerInnen zu verbringen. Der Besuch bei alten und pflegebedürftigen Menschen hat als ehrenamtliches Engagement schon eine lange Tradition. Die sogenannten „grünen Damen (und Herren)“ besuchen seit mehr als vierzig Jahren BewohnerInnen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und beschäftigen sich mit ihnen.
Auch als Bezieherin von Soziallleistungen steht es Ihnen natürlich absolut frei, sich ehrenamtlich für andere einzusetzen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und kann auch nicht gegen gerechnet werden. Sozialleistungen stehen Ihnen zu, solange Sie keine Arbeit finden. Ehrenamtliches Engagement kann von Arbeitslosen ebenso ausgeübt werden wie von SchülerInnen, RentnerInnen oder ArbeitnehmerInnen, es ist nicht an einen bestimmten Status gekoppelt. Arbeitslose müssen sich aber natürlich weiter um Arbeit bemühen.
Das heißt, dass Sie sich sehr gerne an eine Pflegeinrichtung Ihrer Wahl wenden können und dort freiwillig mitarbeiten können. Erfahrungsgemäß freuen sich alle Heime über viele freiwillige HelferInnen. Auch wenn Sie wieder Arbeit finden oder Sie, wie Sie in Ihrer Mail andeuten, unter Umständen künftig eine Erwerbsminderungsrente beziehen, können Sie Ihr Engagement natürlich weiterführen. Sie können allerdings nicht, wie Sie schreiben, im Pflegheim ehrenamtlich tätig sein und dafür, quasi als Entgelt, Sozialleistungen beziehen. Ehrenamtliche Arbeit zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sie unentgeltlich und freiwillig geleistet wird und nicht verrechnet wird mit anderen Leistungen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese