Frage an Kerstin Griese von Stefan B.
Wie läßt sich dieser Rückfall in Kleinstaaterei mit dem europäischen Gedanken verbinden? Wir in NRW sind doch weltoffen und fahren am Wochenende auch gerne mal ins benachbarte Ausland. Erwarten Sie jetzt nicht bald eine Maut in Belgien, den Niederlanden, Skandinavien? Und welche Auswirkungen erwarten Sie auf den Tourismus nach Deutschland?
Sehr geehrter Herr Boquoi,
auch ich habe viel Kritik an der PKW-Maut. Das Thema ist aus meiner Sicht jedoch keine Gewissensfrage.
Als wir die Große Koalition eingegangen sind wusste ich, dass beide Seiten dabei Kompromisse eingehen müssen. Deshalb gibt es eine Reihe von Gesetzen, bei denen viele Abgeordneten der CDU/CSU nur mit „Zähneknirschen“ zugestimmt haben: Mindestlohn, Rentenpaket, doppelte Staatsbürgerschaft, Elterngeld plus, Frauenquote in Aufsichtsräten, Mietpreisbremse. Alle diese Dinge sind sozialdemokratische Anliegen, weil sie den Menschen wirklich helfen. Auf alle diese Gesetze bin ich stolz, denn das ist weitaus mehr, als nach einem Wahlergebnis von nur 25,7 Prozent zu erwarten war. Dass nun im Gegenzug auch mal ein Gesetz beschlossen wird, das zu einem „Herzensanliegen“ der CDU/CSU stilisiert wurde, liegt in der Logik eines Koalitionsvertrages.
In ihm wurde vereinbart, der Einführung einer Infrastrukturabgabe zuzustimmen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Kein deutscher Autofahrer darf zusätzlich belastet werden, die gesetzliche Regelung muss mit europäischem Recht vereinbar sein und es muss ein substanzieller Beitrag für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erwirtschaftet werden.
Darüber hinaus haben wir mit der CDU/CSU-Fraktion vereinbart, dass eine LKW-Maut auf allen Bundesstraßen Mitte 2016 im Bundeskabinett beschlossen werden soll und dass die Bundesregierung bis Ende des Jahres 2015 einen neuen Bundesverkehrswegeplan vorlegen muss, der die durch die PKW-Maut erhaltenen neuen Mittel für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sinnvoll und unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger verteilt. Es wird zudem zwei Jahre nach der Einführung der PKW-Maut einen Einnahmen- und Bürokratiecheck geben, um sicherzustellen, dass sich die neue Infrastrukturabgabe wirtschaftlich rentiert.
Die SPD ist eine Partei, die sich stets für Europa und den europäischen Gedanken eingesetzt hat und dies auch noch in der Zukunft tun wird. Wir sind ein Garant für die zunehmende europäische Integration. Gerade die SPD setzt sich für ein starkes und geeintes Europa ein, das auf einer wehrhaften europäischen Demokratie beruht und Rechten und Populisten keinen Raum lässt.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese