Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Kerstin Griese von Hartmut Frank M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Grise,

mich würde interessieren, warum Sie für die Beschneidung von Jungen gestimmt haben?
Die öffentliche Meinung der SPD kam bei mir früher anders herüber. Nun musste ich aber feststellen, dass viele SPDler für den Gesetzesentwurf gestimmt haben, manche sogar Druck machten, damit es zu einer gesetzlichen Regelung kam.
Als ehem. SPD-Mitglied ärgere ich mich sehr darüber, dass ich eine Partei unterstütze, die vor der Religionslobby mehrheitlich einknickte.

Ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht höher zu werten?
Religionsfreiheit besteht m.E. nicht, wenn er Staat die christl. Kirchen mitfinanziert bzw. pensionierten Kirchenleuten ihre Pensionen bezahlt, Religionsfreiheit besteht m.E. nicht, wenn man ungefragt Kinder tauft und sie in den Schulen mit Religionsunterricht zwangsunterrichtet.
Können Sie verstehen, dass ich unter Religionsfreiheit etwas anderes verstehe- nämlich wirkliche Unabhängigkeit? Wie ist eine solche gegeben, wenn man z.B. in kirchlichen Einrichtungen, die der Staat mitfinanziert, nur mit einer Mitgliedschaft in der Kirche einen Job bekommt und bei Scheidungen den Job ggf. verliert?

Warum setzen Sie sich nicht für eine wirkliche Religionsfreiheit ein?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Frank Mueller

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mueller,

ich begrüße es, dass Sie sich weiterhin für die Positionen der SPD interessieren, obwohl Sie ausgetreten sind. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wieder einzutreten? Dann müssten Sie sich nicht nur von Außen ärgern, sondern können als einer von 480.000 Mitgliedern für Ihre Position aktiv streiten.

Das momentan geltende Grundsatzprogramm des SPD, als Hamburger Programm 2007 beschlossen, tritt für einen „Dialog der Religionen und das friedliche Zusammenleben“ mit den hier lebenden Muslimen ein. Die SPD bekennt sich „zum jüdisch-christlichen und humanistischen Erbe Europas“. Aus ihrer Sicht „ist das Wirken der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch nichts zu ersetzen, insbesondere wo sie zur Verantwortung für das Gemeinwohl ermutigen“. Die SPD achtet ihre Rechte, die „inneren Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze autonom zu regeln“.

Zusammenfassend heißt das: Die SPD befürwortet einen säkularen Staat, der seiner Neutralität gerecht wird. Sie ist aber gegen einen laizistischen Staat, der konsequent zugunsten einer Nicht-Religiösität Partei ergreift. Wobei anzumerken ist, dass selbst im laizistischen Frankreich oder Portugal die von Ihnen abgelehnte Kindstaufe erlaubt ist.

In Deutschland sind wir mit unserem kooperativen Verhältnis von Staat und Kirche gut gefahren. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch hier einen stetigen Reformbedarf gäbe. Dass einzelne Bundesländer Pensionszahlungen für Kirchenleute übernehmen, halt ich für falsch. Manche katholische Moralvorstellungen halte ich für überkommen. Und dass das kirchliche Arbeitsrecht überarbeitet werden muss, da es unter den Druck von Niedriglöhnen und Dumping im Sozialbereich geraten ist, haben Kirchen und diakonische Einrichtungen bereits selbst erkannt.

Zur religiös motivierten Beschneidung gibt es keine Beschlüsse der SPD. Meine Gründe habe ich in den Antworten http://www.abgeordnetenwatch.de/kerstin_griese-575-40227--f362507.html#q362507 und http://www.abgeordnetenwatch.de/kerstin_griese-575-40227--f364485.html#q364485 dargestellt.

Als Abgeordnete bin ich meinem Gewissen verpflichtet, insbesondere auch in Fragen von Ethik und Religion. Etwa zwei Drittel der SPD-Bundestagsfraktion haben dem Beschneidungsgesetz zugestimmt, ein Drittel hat es abgelehnt.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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