Frage an Kerstin Griese von Barbara F. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Griese,
1. Haben Sie sich den Film "It´s a boy" von dem jüdischen Regisseur Victor Schonfeld im Internet angesehen ( eine entsprechende Mail wurde laut FAS an jeden Abgeordneten versandt.)?
2. Glauben Sie, dass bei der Beschneidung eines wehrlosen unmündigen Kindes noch die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird zwischen dem Risiko quälender Schmerzzufügung, Inkaufnahme von verstümmelnden Komplikationen bis hin zum Exitus letalis einerseits und der Religionsfreiheit - wohlgemerkt nur der Eltern (!) andererseits?
Ein Impfstoff würde bei dieser Risiko/Nutzten-Abwägung vom Gesetzgeber nicht zugelassen werden, denn das Risiko von Nebenwirkungen wird hier nur in Kauf genommen, um schwerwiegende Krankheiten abzuwenden!
Als praktizierender Christ stehe ich sehr wohl ein für das Recht der Eltern ihre eigene Religion an die Kinder zu vermitteln- Religion kann nur im familiären Zusammenleben implementiert werden - , aber jeder Jugendliche muss das Recht haben, diesen von den Eltern vorgegebenen Weg später mit eigenem Inhalt zu füllen oder auch zu verlassen ( Religionsfreiheit für das Kind !) .
3. Wollen Sie Eine Handlung an einem Kind, die Irreversibilität für das ganze Leben beinhaltet, in einem Rechtsstaat dulden?
Mit freundlichen Grüßen,
Barbara Fach
Sehr geehrte Frau Fach,
Sie können gewiss sein: in meiner Funktion als Kirchen- und Religionsbeauftragte meiner Fraktion habe ich mich umfassend informiert und habe ungezählte Gespräche geführt, Filme gesehen und Stellungnahmen gelesen. Ich habe mich dabei mit Ärzten, Theologen, Ethikern und Juristen auseinandergesetzt. Doch niemand konnte mir meine Entscheidung abnehmen. Ich musste meine Haltung zu dem Thema selbst finden.
Eines war mir ganz besonders wichtig: mit den Betroffenen zu reden, mit den muslimischen und jüdischen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes einen Dialog auf Augenhöhe zu führen. Denn dies habe ich in der teils aufgeregten Debatte der letzten Wochen häufig vermisst. Viel zu oft wurden nicht mit den Betroffenen geredet, sondern über sie. Manchmal wurde sämtlichen bei uns lebenden Juden und Moslems pauschal unterstellt, die Kinderrechte systematisch zu missachten. Das finde ich unerträglich.
Für mich haben die Kinderrechte oberste Priorität. Und ich bin der Überzeugung, dass diese nicht im Gegensatz zur Religionsfreiheit stehen. Denn jedes Kind hat das Recht, mit der Kultur und der Religion seiner Familie auszuwachsen. Genauso wie der Jugendliche das Recht hat, sich gegen die Religion seiner Eltern zu entscheiden. Daran hindert ihn weder die Taufe noch die Beschneidung.
Entscheidend ist für mich, dass es klare Standards gibt: bei der medizinischen Ausbildung der Mohalim, bei der fachgerechten Durchführung der Beschneidung, bei der qualifizierten Schmerzbehandlung, bei der umfassenden Aufklärung und auch bei der Anerkennung des Vetorechtes des Kindes.
Weitere Argumente zu diesem Thema finden Sie in meiner Bundestagsrede:
http://dbtg.tv/fvid/2027615
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese