Frage an Kerstin Griese von Rainer K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Griese,
Sind Ihnen eigentlich die Konsequenzen aus Ihrer Entscheidung für den "ESM Pakt" klar, oder ist die Fraktionsdisziplin die Dominante für Ihr Verhalten? Es kann doch nicht wahr sein, daß Sie einem Gesetz zugestimmt haben, das einer Entmachtung des Bundestages zugunsten nicht legitimierter Gremien auf europäischer Ebene gleichkommt. Wenn das Parlament das Budgetrecht abgibt, kann es konsequenter Weise auch die Selbstauflösung beschliessen.
Warum dringen Sie als Parlamentarierin nicht darauf zuerst einmal die Exzesse des Finanz-markts zu unterbinden, (Verbot von Spekulation auf Nahrungsmittel, Verbot von Leerverkäufen, Finanztransaktionssteuer auf alle Börsengeschäfte; usw. siehe auch http://www.nachdenkseiten.de/?p=13792#more-13792 ). Es ist schlimm,daß Sie nur noch alternativlose Entscheidungen zu treffen haben und Sie sich dem Zug der Lemminge angeschloßen haben.
Was soll man davon halten, das einzig "Die Linke", also die parlamentarischen Schmuddelkinder und einige wenige Aufrechte im Parlament Widerstand leisten. Aber so ist es wohl.
Europa war mal als Vereinigung der Völker geplant, nun sieht es nach einem neuen Geschäftsfeld für Mafia aus
Es grüßt Sie R.Klug
Sehr geehrter Herr Klug,
die Krise in Europa hat sich in den letzten Monaten zugespitzt. Wir befinden uns in einem Teufelkreis aus instabilen Finanzmärkten, zu hohen Staatsschulden und zurückgehender Wirtschaftsleistung in einigen EU-Ländern - mit den damit verbundenen Konsequenzen für die dort lebenden Menschen. Bundeskanzlerin Merkel hat es leider verhindert, dass die Politik in diesen Teufelskreis beherzt eingreift. Stattdessen hat sich mit ihrer Sparpolitik die Situation verschärft, weil dadurch die Rezession verstärkt wird und weitere Volkswirtschaften bedroht. Die EZB musste mit hohen Kosten da einspringen, wo Merkel blockiert hat.
Inzwischen ist allen klar, dass das „System Merkel“ des Durchlavierens gescheitert ist. Diese Politik steuerte auf eine Auseinanderbrechens Europas und der gemeinsamen Währung sowie ein Zusammenbrechen mehrerer europäischer Volkswirtschaften zu. Die Kosten des Scheiterns wären für Deutschland nicht bezifferbar. Industrie, Mittelstand, das Gemeinwesen, Sparer und insbesondere auch der Arbeitsmarkt wären von dramatischen Verwerfungen betroffen. Das sind die Konsequenzen, derer ich mich bei meinen Entscheidungen im Bundestag bewusst sein muss. Schaden von den Menschen abzuwenden - das muss das Leitmotiv aller Abgeordneten sein.
Es gibt in der Politik keine alternativlosen Entscheidungen. Doch alle Alternativen - sei es das „System Merkel“ oder die auf antieuropäischen Ressentiments beruhenden Forderungen einiger Ökonomen - wären desaströs für Deutschland und Europa.
Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche demokratische Fortschritte gemacht. Die SPD will erreichen, dass diese demokratische Legitimation insbesondere auf dem Feld der Finanz- und Wirtschaftspolitik verstärkt wird. Wir haben durchgesetzt, dass sich die Bundesregierung für eine angemessene Beteiligung des Europaparlaments an den Reformüberlegungen einsetzt.
Der Bundestag gibt sein Budgetrecht nicht ab. Er hat sich allerdings verpflichtet, auf eine grenzenlose Verschuldung zu verzichten, um die Macht der Finanzmärkte einzugrenzen und Rücksicht auf kommende Generationen zu nehmen. Dies geschah bereits durch die Aufnahme der Schuldenbremse ins Grundgesetz, der Fiskalpakt hat dies jetzt bekräftigt. Wichtig ist dabei aus Sicht der SPD: Die verfassungsrechtlich geschützte Haushaltsautonomie der Bundesländer wird nicht beeinträchtigt.
Die SPD hat in den Verhandlungen mit der Bundesregierung erreicht, dass Schwarz-Gelb das Scheitern seiner bisherigen Politik eingestehen musste, indem wir uns auf einen europäischen „Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung“ verständigt haben. Auch die Besteuerung der Finanzmärkte, die von Union und FDP zuvor blockiert wurde, ist jetzt mit Beschlüssen in Berlin und Brüssel auf den Weg gebracht worden. Das ist ein Verhandlungserfolg von SPD und Grünen: Aktien, Anleihen, Investmentanteilen, Devisentransaktionen und Derivate werden einer künftigen Börsensteuer unterliegen, damit die eigentlichen Verursacher der Krise an den Kosten beteiligt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese