Frage an Kerstin Griese von Tobias F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag sehr gehrte Frau Griese,
wir besprechen in im SoWi-Unterricht den Linksruck der CDU. Insbesondere interessiert uns die Frage ob die SPD eigentlich noch besondere Merkmale besitzt, die sie von der CDU abheben. Verliert die SPD nicht an Profil, nachdem die sog. "Lohnuntergrenze" von der CDU eingeführt worden ist? Der Mindestlohn war ja immer ein wichtiges Anliegen der SPD. Diese Entscheidung der CDU ist auch nur eines von mehreren Beispielen. Was ist Ihre Auffassung zu diesem Thema?
Vielen Dank für die Zeit, die Sie für die Beantwortung meiner Frage investieren.
MFG
Tobias Fischbach
Guten Tag Herr Fischbach,
das ist ein sehr interessantes Thema. Sicherlich ist es richtig, dass die CDU unter dem Druck der Realität immer mehr ihrer überkommenen Positionen ändert, weil diese einfach nicht mehr in die Zeit passen. Trotzdem würde ich dieses „Ankommen in der Realität“ nicht als „Linksruck“ bezeichnen.
Die Unterschiede zwischen den Parteien sind meines Erachtens immer noch deutlich - gerade auch zwischen der SPD und der CDU. Dies haben die jüngsten Parteitage gezeigt. Immer noch ist auch in der Mindestlohnfrage ein klarer Dissens erkennbar. Die SPD möchte einen gesetzlich verankerten flächendeckenden Mindestlohn ihn Höhe von 8,50 Euro. Hingegen scheute die CDU auf ihrem Parteitag sogar das Wort Mindestlohn. Sie will hingegen eine Lohnuntergrenze, die die durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt wird. Keiner weiß, wie hoch diese Untergrenze sein soll. Ein „Nebel-Beschluss“, schrieb die Süddeutsche Zeitung. Ein Mindestlohn ist in der CDU nicht durchsetzbar.
Die Strategie von Kanzlerin Merkel und einigen Mitstreitern, sich scheinbar immer mehr der SPD anzunähern, wird nicht aufgehen. Denn viele Bürgerinnen und Bürger werden merken, dass die Union ihr dabei bestenfalls halbherzig folgt. Egal ob es um die Atomkraft geht oder um die in NRW mit der CDU vereinbarten integrativen Sekundarschulen: es ist immer klar zu erkennen, wo sich das Original befindet. Denn die SPD fordert schon sein Jahrzehnten den Ausstieg aus der Atomkraft und ein integratives Schulsystem, in dem jedes Kind die gleich guten Bildungschancen hat.
In vielen Fragen ist die Union überaus zerstritten, beispielsweise auch in der Familienpolitik. Noch in der großen Koalition hat Ministerin von der Leyen gemeinsam mit der SPD eine Politik verfolgt, die es ermöglicht, Kind und Beruf miteinander zu vereinbaren. Inzwischen hat sich aber der Wind gedreht. Die CSU und der konservative CDU-Flügel haben sich mit ihrer Forderung nach einem so genannten Betreuungsgeld durchsetzen können. Damit wird eine „Fernhalteprämie“ geschaffen, die gerade weniger wohlhabende Eltern ermutigt, ihren Kindern die Förderungs- und Bildungsangebote einer Kita vorzuenthalten. Aus Sicht der SPD ist das der völlig falsche Weg.
Wenn Sie noch zu weiteren Themen Informationen brauchen, melden Sie sich gerne bei mir.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese