Katrin Uhlig
Katrin Uhlig
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Alexander K. •

Wie möchten Sie die Ambitionslücke im Klimaschutzgesetz schließen (zwischen erlaubtem THG Ausstoß bis 2045 und Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens bis 2030)?

Sehr geehrte Frau Uhlig,

nach der Sommerpause soll der Bundestag noch über die Entkernung des Klimaschutzgesetzes abstimmen. In der neuen Vorlage geht es u.a. um die Aufhebung der jährlichen Sektorenziele.
Wie soll Ihrer Meinung nach das 1,5 Grad Limit von Paris, dem Ihre Partei ja auch zugestimmt hat, eingehalten werden, wenn

a) das künftige KSG noch weicher formuliert wird als das aktuelle KSG
und
b) das aktuelle KSG schon nicht ausreicht, weil es noch bis 2045 erlaubt Treibhausgase auszustoßen, während wir die maximalen 1,5 Grad wahrscheinlich bis 2030 überschreiten werden?

https://www.mcc-berlin.net/forschung/co2-budget.

Katrin Uhlig
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K. ,

Die Klimakrise ist DIE Menschheitsaufgabe unserer Zeit. Die Wissenschaft macht kontinuierlich deutlich, welche Auswirkungen es haben wird, wenn wir es nicht schaffen, der Klimakrise Einhalt zu gebieten. Auch in Deutschland sind bereits erste Auswirkungen spürbar. Um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur noch auf ein für die Menschheit lebensfähiges Maß zu begrenzen ist es zentral, dass auch Deutschland seinen Beitrag zur Eindämmung der Klimakrise leistet.

Deutschland hat sich im Klimaschutzabkommen von Paris dazu verpflichtet, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Daran muss sich auch die Bundesregierung messen lassen. Das Klimaschutzgesetz soll hierfür den Rahmen setzen und die Grundlage bieten, dass ausreichend Maßnahmen ergriffen werden, damit dieses Ziel erreicht wird.

Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes (KSG) stellt einen politischen Kompromiss dar. Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass der bisherige Mechanismus des Klimaschutzgesetzes kein Garant für Fortschritt in allen Sektoren war. Der neue Mechanismus blickt stärker auf die Erreichung der Klimazielpfade der Zukunft. Gleichzeitig wurde kein einziges Klimaziel verändert, noch darf durch die Novelle ein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden.

Bereits im Koalitionsvertrag vor zweieinhalb Jahren und dem Koalitionsausschuss vom März 2023 wurden Leitlinien für die Reform des KSG von der Koalition festgehalten. Diese sahen vor, dass die Einhaltung der Klimaschutzziele künftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden soll.

Wir Grünen haben in der Regierung einige wichtige Erfolge für den Klimaschutz erzielt, wissen aber auch, dass dringend weitere Maßnahmen umgesetzt werden müssen. Die Lücke von ca. 1.100 Mio. Tonnen CO2 vom Amtsantritt der aktuellen Bundesregierung ist nahezu geschlossen. Die Wärmewende im Heizungskeller kann endlich stattfinden, der Schienenausbau wird vorangebracht und über die LKW-Maut klimagerecht querfinanziert, der Erneuerbaren-Ausbau wird stark beschleunigt.

Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes wird der Blick von der Vergangenheit in die Zukunft: Künftig wird bei der Einhaltung der Klimaziele nach vorn geschaut, statt nur die Zahlen des vergangenen Jahres zu überprüfen. Die Zielerreichung des gesamten Klimaminderungspfades bis 2030 (65 Prozent CO2-Reduktion) – das sind alle jährlichen Klimaziele bis 2030 zusammengenommen – wird jedes Jahr geprüft, und wenn sie zwei Jahre in Folge nicht erreicht wird, muss die Bundesregierung nachsteuern. Dadurch können Zielverfehlungen früher auffallen und wir können vorausschauender und planbarer die Transformation der Sektoren gestalten. So wird auch weiterhin sehr deutlich zu sehen sein, welche Bereiche zu viele Emissionen ausstoßen. Gleichzeitig konnten wir in den parlamentarischen Verhandlungen entscheidende Verbesserungen zum Regierungsentwurf durchsetzen: Diese neue Nachsteuerung gilt nicht nur bis 2030, sondern wurde dank uns auch für das 2040-Ziel (88 Prozent CO2-Reduktion) für zehn weitere Jahre verbindlich festgeschrieben. Damit wird das Erreichen der Klimaziele 2040 abgesichert. Dieser Nachsteuerungsmechanismus ist ebenso verpflichtend für die Bundesregierung und damit genauso einklagbar wie der vorherige Mechanismus des alten KSG.

Was wegfällt, ist die Nachsteuerungsverpflichtung für einen einzelnen Sektor (etwa Verkehr), wenn zwar nicht das Gesamtziel an zwei aufeinanderfolgenden Jahren verfehlt wird, sondern nur in diesem Sektor. Diese Änderung war sehr umstritten. Wir Gründe haben jedoch durchgesetzt, dass die bestehenden Sektorziele nach wie vor jedes Jahr überprüft werden. Es wird weiterhin sehr deutlich zu sehen sein, welche Bereiche zu viele Emissionen ausstoßen. Und genau diese müssen zuallererst Maßnahmen aus ihren Ressorts benennen, wenn Deutschland seine Gesamtziele reißt. Um die Ziele tatsächlich erreichen zu können, sitzen also alle in einem Boot. Mit der Novellierung des KSG bleibt der Verkehrssektor in politischer und rechtlicher Verantwortung.

Darüber hinaus werden zwei weitere Hebel für mehr Klimaschutz im Verkehr greifen: Erstens muss Deutschland ab 2027 für zu viel ausgestoßenes CO2 im Rahmen europäischer Klimagesetze vsl. Zertifikate in Milliardenhöhe kaufen (bis 2030 in Höhe von 126 Mio. Tonnen v.a. aufgrund des Verkehrssektors). Handelt der Bundesverkehrsminister nicht vorausschauend, droht ein Schaden größer als jener durch seinen Vorgänger Andreas Scheuer bei der Maut.

Zweitens haben wir neu im KSG festgelegt, dass jede Bundesregierung gleich zu Beginn ihrer Legislatur ein Klimaschutzprogramm vorlegen muss, das die 2030-Ziele und die schärferen 2040-Ziele einhält, die ebenfalls rechtlich eingeklagt werden können. Das bedeutet, dass die Bundesregierung schon 2026 ein Klimaschutzprogramm vorlegen muss, das Maßnahmen beschreibt, um auch die Klimaziele für 2040 zu erreichen. Das ist ein zentraler Baustein, der auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität noch fehlte.

Für langfristig verlässlichen Klimaschutz, der sicher durch Maßnahmen hinterlegt wird, hätte ich mir persönlich ein anderes Gesetz gewünscht. Mir ist aber auch bewusst, dass die Änderungen am bisherigen Klimaschutzgesetz Teil des Koalitionsvertrags der Ampelkoalition waren und sind, und, was ein anderes Abstimmungsverhalten für den Beschluss über die aktuelle und zukünftige Umsetzung von konkreten Maßnahmen für den Klimaschutz in Gänze bedeutet haben könnte. Die genauen Auswirkungen aller Klimaschutzmaßnahmen und -gesetze müssen im Laufe der Zeit immer wieder auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden, damit wir sicherstellen, dass wir unsere Klimaziele einhalten. Dafür werden wir als Grüne sorgen.

Ich bedanke mich sehr für Ihre Anfrage und Ihren Einsatz für mehr Klimaschutz. Unsere Demokratie lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger engagieren und einbringen.

Beste Grüße

Katrin Uhlig

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