Frage von Philipp A. S. •

Warum halten Sie es nicht für nötig, die Ausgaben für Verteidigung, angesichts der Bedrohung durch Russland und der Unsicherheiten in den Beziehungen zu den USA unter Trump, auf 3 % zu erhöhen.

Sehr geschätzte Frau Schmidberger, sind Sie nicht auch der Meinung, dass wir unbedingt eine wesentlich größere Unabhängigkeit in unserer Verteidigung erreichen müssen. Dies setzt aber nach meiner Meinung eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben voraus. Darüber hinaus wäre es, für mich wünschenswert, den Aufbau einer europäischen Arme in einer engen Partnerschaft mit Frankreich anzustreben. Denn nur so ist auch eine atomare Abschreckung zu erreichen. Mit Verlaub, wer denk, er könne eine unabhängige Verteidigung ohne eigene atomare Abschreckung aufbauen, der ist schlicht naiv. Ich weiß, das ist hart, aber die Realitäten sind so. Frankreich hat das schon mehrfach angeboten. Es wird höchste Zeit, dass darauf endlich in angemessener Form reagiert wird. Trumps Vorwurf, Europa würde zu wenig für seine eigene Verteidigung tun, würde dadurch auch völlig entkräftet. Ich hoffe, dass meinen Gedanken zum Thema für Sie interessant waren und bedanke mich im Voraus für Interesse.

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihre Einschätzung.

Für mich ist ganz klar, dass gerade in diesen schwierigen Zeiten Europa gestärkt und die Idee europäischer Solidarität mit Leben gefüllt werden muss. Denn die Freiheit und Sicherheit Europas wird aktuell auch in der Ukraine verteidigt. Wir sind es deswegen den Ukrainer*innen schuldig, dass wir diese dabei unterstützen, sich gegen den Aggressor Russlands zu verteidigen.

Auch braucht es eine verstärkte Zusammenarbeit und engere Koordination der Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf europäischer Ebene. Ich bin zum Beispiel auch für eine europäische Armee.

Höhere Militärausgaben allein führen aber nicht zu mehr Sicherheit, auch deswegen stehe ich dem Ziel eines fest definierten Betrages kritisch gegenüber. Wir müssen auch in Diplomatie, Krisenprävention und eine starke europäische Zusammenarbeit investieren. Und vor allem dürfen Mehrausgaben im Bereich der Verteidigung nicht zulasten notwendiger Zukunftsinvestitionen in Soziales, Bildung oder Infrastruktur gehen. Ich fand daher die Frage mit den 3% zu pauschal, bzw. muss sie konditioniert sein, denn ein entweder oder bei den Ausgaben, obwohl dringende Investitionen für die Zukunft nötig sind, halte ich für politisch schwer bzw. nicht vermittelbar.

Ich sehe es auch kritisch, in die Spirale der atomaren Abschreckung einzusteigen. Im Gegenteil, das Ziel einer atomwaffenfreien Welt ist durch den aggressiven Imperialismus Russlands noch wichtiger geworden. Auch hier braucht es weiterhin Engagement für Abrüstungsinitiativen und Rüstungskontrollen. Nur so gibt es langfristig Frieden und Sicherheit für alle, davon bin ich überzeugt. Dass wir aber gerade eine sehr dynamische Entwicklung bei dem Thema haben und sicher immer wieder neu bewerten müssen, ist auch klar. Ebenso dass Russland ein Aggressor ist, dem wir europäisch begegenen müssen.

Auch wenn ich Ihre Positionen nicht komplett teile, verstehe ich Ihre Sorgen und Gedanken sehr gut. Mir ist wichtig, hier auch weiterhin in einem kritischen Austausch zu bleiben und bedanke mich deswegen nochmals für Ihre Frage.

Herzliche Grüße

Katrin Schmidberger

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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN