Wann wird Information zur Desinformation und wer soll darüber entscheiden?
Die Frage nimmt Bezug auf das Zukunftsprogramm der SPD (Kap. 4.3, pdf, S. 58), vgl.
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD-Zukunftsprogramm.pdf ab
Sehr geehrter Herr M.,
besten Dank für Ihre Frage.
Unter Desinformation verstehe ich – kurz gesagt – die gezielte Verbreitung von unwahren oder irreführenden Informationen, die bewusst zur Täuschung von Menschen genutzt werden. Hier kommt es wesentlich auf die Absicht der Täuschung und Irreführung an. Nicht jede unwahre oder unzutreffende Information ist deswegen auch gleich Desinformation, denn manchmal stellt sich erst bei Vorliegen weiterer Informationen heraus, dass der Sachverhalt doch ein anderer war, als ursprünglich angenommen, und manchmal werden bisherige, vermeintlich gesicherte Erkenntnisse durch wissenschaftliche Forschung oder andere Umstände überholt.
Bei der Desinformation dagegen handelt es sich um das absichtliche Verdrehen von Tatsachen bzw. das Umdeuten oder Erfinden von Ereignissen und Aussagen. Als eine typische Desinformation würde ich zum Beispiel die Massenvernichtungswaffen-Lüge im Vorfeld des Irakkrieges bezeichnen. Der UN-Sicherheitsrat sollte damals bewusst getäuscht werden.
Wie die genaue Ausgestaltung der im Zukunftsprogramm beschriebenen Maßnahmen aussehen soll, ist auf den entsprechenden gesetzgebenden Ebenen zu klären. Mir käme es aber darauf an, dass es dabei tatsächlich ausschließlich um „strafbare Online-Hassreden“ geht, wobei das entscheidende Kriterium eben die Strafbarkeit ist, also z.B. Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede oder Volksverhetzung, was alles jetzt schon so ist. Keineswegs dürfen neue Regelungen dazu führen, dass unliebsame Meinungen oder auch etwas abseitige Auffassungen nun künftig kriminalisiert werden. Denn die Meinungsfreiheit ist für unsere demokratische Staatsordnung „schlechthin konstitutiv“, wie das BVerfG einmal festgestellt hat, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sei „in gewissem Sinne die Grundlage jeder Freiheit überhaupt“, betonte das Gericht („Lüth-Urteil“). Dieser Auffassung bin ich auch.
Mit freundlichen Grüßen
Katrin Lange