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Katrin Lange
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Frage von Jan M. •

Mit welchen zusätzlichen Belastungen rechnen Sie für den Landeshaushalt aufgrund der eingeführten Preisgleitklausel?

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Sehr geehrter Herr M.,

Ihre Fragen sind sehr berechtigt. Vor wenigen Jahren noch wären Entwicklungen wie wir sie aktuell infolge des Krieges in der Ukraine etwa bei den Baustoffen erleben müssen, nur schwer vorstellbar gewesen. Aber dieser sinnlose Krieg hat eben in so manchen Bereichen für eine Zeitenwende gesorgt, auf die staatliche Stellen auch zu reagieren haben.

Ihre Sorgen, dass sich die Regelung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler als „Fass ohne Boden“ erweist, kann ich beruhigen. Denn vielmehr ist es so, dass uns bei Untätigkeit diese Sorge umtreiben sollte. Der entsprechende Erlass dient nämlich gerade der Abwendung eines „Fasses ohne Boden“.

Zur Erläuterung: Aktuell kann nicht wirklich abgeschätzt werden, wie lange die aktuellen Materialknappheiten und Lieferengpässe sowie die dadurch verursachten Preisauftriebe im Baugewerbe noch anhalten werden. Insoweit kann einerseits nicht abgeschätzt werden, wie die Gerichte auf etwaige Preisanpassungsklagen bzw. knappheitsbedingte Vertragskündigungen von bereits gebundenen Vertragspartnern des BLB reagieren werden. Andererseits ist schwer einschätzbar, inwieweit sich zukünftig ohne Preisanpassungsklauseln überhaupt noch geeignete Bieter für anstehende Bauleistungen finden würden. Unabsehbare Schäden für den Landeshaushalt durch Monate oder gar Jahre dauernde Bautenstillstände oder auch nur Bauverzögerungen mit den daraus resultierenden Kostensteigerungen hätten die Folge sein können.

Vor diesem Hintergrund war es zwingend geboten, ein geeignetes und transparentes Regelungsinstrument zum Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern in der derzeitigen höchst volatilen Marktlage zu finden. Diesem Zweck dienen der Bundeserlass vom 25.03.2022 und die inhaltsgleiche Stoffpreisgleitklausel des Landes Brandenburg vom 13.04.2022.

Damit dieses Regelungsinstrument nicht gleichzeitig zu einer, wenn auch deutlich kleineren Kostenfalle für das Land wird, wurden folgende Mechanismen zur Risikoteilung und Kostenbegrenzung eingeführt:

  1. Jeder Einzelfall wird ermessensgebunden entschieden werden.
  2. Der Erlass bezieht sich (primär) auf dort einzeln benannte Produktgruppen, deren Preisauftrieb in der jüngeren Vergangenheit besonders intensiv war.
  3. Der Zeitraum zwischen der Angebotsabgabe und der vorgesehenen Lieferung bzw. Fertigstellung muss mindestens einen Monat betragen.
  4. I.d.R. wird eine angemessene Selbstbeteiligung der Vertragspartner des Landes von 10-29 % eingefordert werden, je nach Anteil der betroffenen Auftragsposition am Gesamtauftragsvolumen.
  5. Dem Preisanpassungsbegehren der betreffenden Auftragnehmer sind zur Darlegung der Berechtigung ihrer Forderung zwingend beizufügen:
    Urkalkulation/Preisblätter
    Nachweis der tatsächlichen Einkaufskosten
    Versicherung des Unternehmens, dass etwaige Rückvergütungen oder Nachlässe des Baustofflieferanten o.ä. bereits abgezogen sind
    Nachweis der Marktüblichkeit der tatsächlichen Einkaufspreise durch Vorlage von Vergleichsangeboten

In wie vielen Fällen diese Klausel tatsächlich zur Anwendung kommen wird, ist derzeit nicht abschätzbar. Das Gleiche gilt insbesondere auch für die betroffenen Auftragsvolumina.

Da es sich jedoch, wie oben bereits ausgeführt, in jedem Einzelfall um eine Ermessensanwendung handeln wird, dürfte zumindest sicher auszuschließen sein, dass die Anwendung der Preisgleitklausel den Landeshaushalt stärker belastet als ihre Nichtanwendung.

Eine belastbare Einschätzung zu möglichen Insolvenzfällen in der Bauwirtschaft kann derzeit ebenfalls nicht abgegeben werden. Dies wird maßgeblich von der Dauer der aktuellen Lieferengpässe und den daraus resultierenden Bau(zeit)verschiebungen bzw. Auftragsstreckungen und -stornierungen abhängen.

Ich hoffe, einige Ihrer Sorgen gemindert zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Lange

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