Frage an Katrin Göring-Eckardt von Christian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
warum hat der sogenannte "islamische Staat" so eine Anziehungskraft auf manche Menschen?
Nach meiner Meinung besteht das Problem darin, dass in unserer Gesellschaft Muslime oft als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Genau dies spielt den Terroristen in die Hände: Wer sich dem IS anschließt, wird dort als Mensch ERSTER Klasse behandelt, bekommt endlich die Anerkennung, die er vorher so lange vermisst hat.
Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Christian Steffen
Sehr geehrter Herr Steffen,
vielen Dank für ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Gewaltbereiter Islamismus übt gerade auf manche junge Menschen eine große Anziehungskraft aus. Die Gründe dafür sind vielfältig, das Versprechen von Anerkennung und Perspektive zählt sicher dazu. Die Suche nach Anerkennung durch Hinwendung zum gewaltbereiten Islamismus und Radikalisierung sind vermeidbar. Deshalb hat sich die Bundestagsfraktion in dieser Legislatur auch mit der Frage der Prävention beschäftigt und von der Bundesregierung die Entwicklung einer bundesweiten Präventionsstrategie gefordert.
Eine gute Präventionsstrategie agiert auf drei Ebenen. Auf der ersten Ebene adressiert sie die Gesellschaft als Ganzes; die zweite Ebene nimmt gefährdete Zielgruppen und sich radikalisierende Einzelpersonen in den Blick; die dritte Ebene setzt auf Deradikalisierung und Distanzierung. Dass Prävention nur wirksam sein kann, wenn die primäre Ebene ernst genommen und stark gemacht wird, wurde viel zu lange nicht erkannt und wird bei der Terrorismusbekämpfung noch immer unterschätzt. Negative Erlebnisse in der Kindheit bzw. Familie, Diskriminierungs- oder Ausgrenzungserfahrungen und Identitätskonflikte sind ein Nährboden für radikale Gedanken und Handlungen und führen u.a. zu der von Ihnen beschriebenen Suche nach Anerkennung. Wir müssen den Ideologien beziehungsweise Gruppen, die vermeintlich einfache Antworten, Orientierungen und Geborgenheit anbieten, und bedeutungsvolle oder gar heldenhalte Existenz versprechen, diesen Nährboden entziehen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist das klare Bekenntnis, dass der Islam zu Deutschland gehört - und damit auch die Menschen, die sich zum Islam bekennen. Eine gute Präventionsstrategie muss daher mit einem Diskurs über eine gemeinsame Identität junger Menschen in der Einwanderungsgesellschaft beginnen.
Weiterführende Informationen finden sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/104/1810477.pdf
Mit freundlichen Grüßen,
Büro Göring-Eckardt