Frage an Katrin Göring-Eckardt von Andreas M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Göring Eckardt,
bei dem 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag wurde eine sog. „Nakba – Ausstellung“ gezeigt. Tilman Tarach dokumentiert, wie in der „Ausstellung“ offener Hass gegen Israel, gegen Juden geschürt wird: www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/15777
Früher wurden von deutschen Christen die Juden für alle Missstände in Deutschland verantwortlich gemacht. Da das seit Auschwitz nicht mehr möglich ist, weil man sich damit als Deutscher die gesellschaftliche Reputation verderben würde, werden nun die Palästinenser als Rechtfertigung für den deutsch christlichen Antisemitismus instrumentalisiert. Neue Zeiten fordern neue Rechtfertigungen für den Antisemitismus. Die Verantwortung der palästinensischen Eliten für das Elend der palästinensischen Bevölkerung wird von deutschen Christen konsequent ignoriert. Mit der „Nakba Ausstellung“ werden Israels sechs Millionen Juden dämonisiert, worin sich m.E. der brennende Wunsch deutscher Christen ausdrückt, endlich die sechs Millionen Toten der Nazibarbarei loszuwerden?
Fragen:
Warum wird von deutschen Christen nicht thematisiert, dass Juden in der Region nur in Israel ihres Lebens sicher sein können? Die rund 300 verbliebenen Juden des Jemen haben die USA und jüdische Organisationen gebeten, sie zu retten www.hagalil.com/archiv/2011/02/04/jemen-3/
Warum ist es deutschen Christen egal, dass z.B. in Ägypten jüdisches Leben quasi erloschen ist? www.hagalil.com/archiv/2013/04/28/jews-of-egypt/
Wer von den deutschen Christen des Kirchentages weiß schon was von der Operation Moses: www.hagalil.com/archiv/2011/11/22/operation-moses/
Viele weitere Beispiele ließen sich anfügen.
Warum können deutsche Christen die Juden nicht in Ruhe lassen, und schieben den Juden nun das Elend der Palästinenser in die Schuhe?
Haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich von der Laienbewegung des Deutschen Kirchentages angewidert abgewendet habe?
Hochachtungsvoll
A.Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Mail. Die NAKBA-Ausstellung wurde nicht als solche beim 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag ausgestellt, sondern im Rahmen eines Standes des Vereines „Flüchtlingskinder im Libanon“ gezeigt. Dieser Verein hatte einen Stand auf dem Markt der Möglichkeiten. Bei diesem handelte es sich um einen betreuten Stand, an dem TeilnehmerInnen Diskussionen über die inhaltliche Arbeit führen konnten. Der Stand stand unter dem Stichwort „Naher Osten“ inmitten einer Reihe von Ständen, die unterschiedliche Aspekte der Region beleuchteten - und eben auch unterschiedliche Sichtweisen auf den Konflikt haben. Der Markt der Möglichkeiten ist - wie Sie sicher wissen - ein kommunikatives Angebot um miteinander ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren.
Der Verein kümmert sich um Flüchtlinge im Libanon. Auf dem Markt der Möglichkeiten hat der Verein seine Arbeit und Positionen dargestellt und diese mit einem Teil der NAKBA-Ausstellung unterstrichen. Die Ausstellung beleuchtete den Aspekt der Situation von palästinensischen Flüchtlingen im Libanon. Sie enthielt keine diffamierenden oder antisemitischen Inhalte, es wurde lediglich eine Sichtweise auf den Konflikt dargestellt. Ebenso waren auf dem Markt der Möglichkeiten auch Stände vertreten, die auf die Situation der israelischen Seite eingegangen sind. Sinn der Ausstellung sollte sein, dass die KirchentagbesucherInnen sich durch diese Ausstellung - und zahlreiche andere - ein eigenes Bild von der Lage machen sollten und durch die kommunikative Natur des Marktes der Möglichkeiten zur Hinterfragung der eigenen Vorstellungen und zur Diskussion mit den Betreibern der Stände eingeladen werden sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt