Frage an Katja Leikert von Gunter U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
(Änderung des Direktwahlaktes, Sperrklausel für die Wahlen zum EP)
Hallo Frau Dr. Katja Leikert,
woher nehmen Sie die Gewissheit, dass eine Abstimmungen ohne Sperrklausel dem demokratischen Grundgedanken wiederspricht.
Glauben Sie nicht auch, dass die Vertretung von kleinen Interessengemeinschaften Ihren politischen Willen äußern können sollen.
Die Sperrklausel zu den politischen Gremien in der BRD hat den zweck verlässliche Mehrheiten zu erzeugen.
Das ist aber für ein Parlament wie de EU nicht von Nöten.
Wenn sich der Wähler entscheidet, dann sollte diese Wahl auch ein Gewicht haben unabhängig vom prozentualen Verhältnis zum Gesamtergebnis.
Ich glaube, dass gewählte Abgeordnete kleiner Interessengruppen als Einzelkämpfer oder auch nicht aktiver Ihre Wähler vertreten als dass bei abgeordneten großer Parteien der Fall ist.
Die Gründe zu dieser Annahme, sind Anwesenheitsprotokolle, Partei- oder Fraktionszwänge etc.
In Ihrem Schreiben an Frau Meyer, betonen Sie immer "wir wollen" sprechen Sie hier für Ihre Partei oder für die GROKO.
Meine Meinung ist, dass Sie mit Ihrer Partei, da es für Sie politische Konkurrenz gibt einfach das Wahlrecht zu ihren Gunsten (der etabliert Parteien) verändern wollen.
Das finde ich besonders undemokratisch, denn Ihre Aufgabe sollte es sein um Ihre Wähler zu kämpfen und nicht Ihre Macht zu nutzen und den einzelnen Wähler zu betrügen in dem Sie ihm seiner Stimme und seines fundamentalem Rechtes der politischen Willensbildung berauben wenn er nicht Sie und Ihre Partei wählt.
Mit freundlichen grüßen
Gunter Ullmann
Sehr geehrter Herr U.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift! Nein, ich glaube nicht, dass eine Abstimmung ohne Sperrklausel dem demokratischen Grundgedanken widerspricht. Ich glaube allerdings auch nicht, dass eine Abstimmung mit Sperrklausel dem demokratischen Grundgedanken widerspricht. Natürlich muss man sie sehr vorsichtig einsetzen, um den Wählerwillen möglichst nicht zu verfälschen. Ich glaube aber: genau das tun wir. "Wir" sind dabei übrigens, Sie fragten danach, die Koalitionsfraktionen, die auf ein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage geeinigt haben. Selbstverständlich versuchen wir, auch andere Fraktionen zu beteiligen. Es hat im Bundestag eine gute Tradition, dass Änderungen am Wahlrecht möglichst gemeinsam beschlossen werden.
Eine Sperrklausel erhöht sicherlich die Arbeitsfähigkeit eines Gremiums und ist deshalb bei demokratischen Wahlen weit verbreitet. Im Europaparlament gibt es derzeit übrigens sieben Fraktionen und über 50 fraktionslose Abgeordnete, die aus über 200 verschiedenen Parteien stammen. In Deutschland kennen wir eine Sperrklausel von unseren Bundestags-, Landtags- und oft auch kommunalen Wahlen. Auch bei den Wahlen zum Europaparlament galt in Deutschland bis 2011 eine Sperrklausel. Grundsätzliche Probleme sehe ich deshalb bei einer (maßvollen) Sperrklausel nicht.
Übrigens glaube ich, dass Sie die Auswirkung der Änderung überschätzen. Die Sitzverteilung der deutschen EP-Abgeordneten wird sich um eine Handvoll Sitze verändern, voraussichtlich kaum mehr als ein halbes Dutzend. Das ist nicht "nichts", aber der von Ihnen formulierte Vorwurf, wir würden diese Sperrklausel (wieder) einführen, um unsere "Macht zu nutzen und den einzelnen Wähler zu betrügen in dem Sie ihm seiner Stimme und seines fundamentalem Rechtes der politischen Willensbildung berauben wenn er nicht Sie und Ihre Partei wählt", geht doch sehr weit über das Ziel hinaus.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Leikert