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Katja Leikert
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Frage von Jenny K. •

Frage an Katja Leikert von Jenny K. bezüglich Verkehr

Liebe Frau Leikert,

wie eine Zeitung heute berichtete, will die große Koalition ihre Grundgesetzänderung zur Autobahnprivatisierung nicht nur morgen, also am Donnerstag, 01.06.2017 in 2. und 3. Lesung im Bundestag beschließen.

Das Grundgesetz soll bereits weniger als 24 Stunden später, am Freitag, 02. Juni 2017 endgültig vom Bundesrat abschließend geändert werden. Die Grundgesetzänderung wird dafür per Bote vom Bundestag in den Bundesrat überbracht und in der laufenden Sitzung auf die Tagesordnung gehoben. Das ist wirklich unglaublich. Denn schließlich handelt es sich um die größte Grundgesetzänderung seit der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006. Daher meine Frage:

Wie werden Sie abstimmen?
Werden Sie für eine Privatisierung Unserer Autobahnen stimmen?

Ich bitte Sie zu bedenken, das viele Bürger begründete Angst davor haben eine weitere Schwächung unserer Demokratie erleiden zu müßen und auch ein weiteres Mal "enteignet" zu werden. Zunächst die Sparer, jetzt unsere gezahlten Steuergelder für unsere einzigartige Infrastruktur. Ich halte dies für einen weiteren Schritt in Richtung der Selbstabschaffung unseres Staates...Können Sie mir diese Ängste nehmen, die ich mit sovielen teile?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Kuehn,

vielen Dank für Ihre Frage zur Reform der sogenannten Auftragsverwaltung bzw. der Einrichtung einer "Infrastrukturgesellschaft Verkehr". Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, einige Punkte zu erläutern, die derzeit in der medialen Berichterstattung kursieren und vielfach zu Missverständnissen geführt haben.

Bei der Auftragsverwaltung, die in Artikel 90 des Grundgesetzes geregelt ist, handelt es sich um eine zwischen Bund und Ländern geteilte Verantwortung. Der Bund stellt einen Bedarf fest, den er mit dem 2016 aufgestellten Bundesverkehrswegeplan 2030 ausweist. Der Deutsche Bundestag fertigt mit den Ausbaugesetzen einen gesetzlichen Auftrag. Die Länder planen und erhalten nach erteiltem Baurecht über den fünfjährigen Investitionsrahmenplan und die jährlichen Haushaltszuweisungen die finanziellen Mittel, die Maßnahmen umzusetzen. Das führte nicht nur zu erheblichen Unterschieden bei der Umsetzung durch die Länder, sondern insgesamt gab es Abstimmungsprobleme, die am Ende viel Geld und Zeit gekostet haben. So konnten in den letzten Jahren die Bundesmittel immer häufiger nicht abfließen, weil einige Länder es nicht geschafft haben, rechtzeitig Planungen und baureife Vorhaben zu präsentieren. Sanierung und Ausbau der Infrastruktur scheitern also nicht am Geld, sondern an der Fähigkeit, es auszugeben, zum Ärger des Bundes, der den Investitionsetat deutlich steigert, aber immer mehr zur Kenntnis nehmen muss, dass viele Länder oft nicht in der Lage sind, baureife Straßenprojekte vorzulegen.

Der Vorschlag einer Einrichtung einer Bundesfernstraßengesellschaft bzw. der Infrastrukturgesellschaft Verkehr soll daher die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung möglichst in einer Hand synchronisieren. Dies soll unter anderem auch unter Mobilisierung und Einbeziehung privater Investitionen im Rahmen von Öffentlich-privaten-Partnerschaften (ÖPP) als alternativer Beschaffungsvariante geschehen. Hierbei werden die Leistungsbereiche Ausführungsplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb eines längeren Streckenabschnittes bei einem Auftragnehmer für 20 - 30 Jahre (sog. Lebenszyklus) zur Ausübung übertragen. Zur Ausübung bedeutet, dass der Auftragnehmer auch bei ÖPP die Leistungen im Auftrag und für den Staat erbringt. Der Staat entledigt sich der Aufgabe also nicht, wie dies bei einer Privatisierung der Fall wäre, sondern er schaltet für die Erledigung der genannten Leistungsbereiche einen Privaten als Auftragnehmer ein. Das Eigentum an den Straßen verbleibt laut dem vorliegenden Gesetzentwurf auch weiterhin im unveräußerlichen Eigentum des Bundes und es tritt ein Heimfall an den Bund ein, wenn der Lebenszyklus endet.

Mit der Bündelung von Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb des Autobahnnetzes in einer Hand beim Bund wird nun dafür gesorgt, dass Bundesautobahnen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben zur Qualität und Verfügbarkeit gebaut, erhalten und betrieben werden. Es ist dabei sichergestellt, dass die neue Infrastrukturgesellschaft vollständig im Eigentum des Bundes verbleibt, in der Rechtsform einer GmbH. Sowohl im Grundgesetz als auch in den Begleitgesetzen ist festgehalten, dass sich Dritte an der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften nicht beteiligen können, auch nicht mittelbar.

Gleichzeitig wurden Regelungen getroffen, um das Parlament bei der Gründung der Gesellschaft eng einzubinden und ihm weitreichende Informations- und Kontrollrechte zu gewähren. Dies geschieht u.a. durch die parlamentarische Zustimmungspflicht zum Gesellschaftsvertrag sowie zum fünfjährigen Finanz- und Realisierungsplan.

Die Kontrolle der Gesellschaft wird durch Vertreter des Bundestags im Aufsichtsrat sowie einem Auskunftsrecht des für die Beteiligungsführung zuständigen Gremiums des Deutschen Bundestags sichergestellt. Der Bundesrechnungshof erhält zudem weitrechende Kontrollrechte bei der Gesellschaft und seinen Tochtergesellschaften.

Die zu gründende Gesellschaft wird effiziente Strukturen erhalten. Ihr wird die Möglichkeit, je nach Bedarf bis zu zehn regionale Tochtergesellschaften einzurichten, eingeräumt. Bestehende Organisationsstrukturen sollen am jeweiligen Standort erhalten bleiben. Dabei ist uns insbesondere wichtig, den Betriebsdienst mit den vorhandenen Autobahnmeistereien zu erhalten. Die Interessen der Beschäftigten haben wir durch umfassende Regelungen gewahrt.

Für einen sukzessiven Übergang wurde im Begleitgesetz eine Übergangsregelung geschaffen, durch die bereits ab 2020 die Aufgaben zur Verwaltung der Autobahnen an den Bund übergeben werden können. Ferner soll die Gesellschaft in 2018 zügig gegründet und durch sie die künftigen Strukturen aufgebaut werden.

Mit der nun eingeleiteten Reform der Auftragsverwaltung erreichen wir unser in der Koalitionsvereinbarung getroffenes Ziel. Die Reform wird zusammen mit der Administration und den Beschäftigten zu einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur beitragen.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Leikert

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