Wie stehen Sie zum Wechselmodell (hälftige Betreuung nach Trennung und Scheidung) als Regelfall?
Sehr geehrte Frau Keul,
ich würde gern grün wählen. Doch für die Zukunft unserer Kinder zählt nicht nur Klimaschutz, sondern auch der Schutz vor schweren seelischen Belastungen, darunter der unbehinderte Kontakt zu beiden Eltern nach deren Trennung. Der Elternkontakt wird nach Erkenntnis fast aller europäischen Staaten, sogar der konservativen Schweiz, am besten durch das "Wechselmodell" als gesetzlichen Regelfall gewährleistet, wenn Eltern im Streit um die Kinder vor Gericht ziehen. Nur in deutschen Familiengerichten ist das Residenzmodell (die hauptsächliche Betreuung meist durch die Mutter) noch mit über 80% die bevorzugte "Lösung". So verlieren Trennungskinder den unbehinderten Alltags-Kontakt zum anderen Elternteil, meist dem Vater. Nicht selten folgt der komplette Kontaktabbruch mit schwerwiegenden, lebenslangen psychischen Belastungen. Die FDP setzt sich für das Wechselmodell als gesetzlichen Regelfall ein. Können Sie sich dem anschließen, oder muss ich FDP wählen?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen lieben Dank für Ihre Frage. Wir Grüne setzen uns für eine moderne Familienpolitik ein, denn wir wollen den vielfältigen Familienmodellen-und konstellationen in unserer Gesellschaft gerecht werden und Kinder und Familien wieder in den Mittelpunkt der Politik rücken! Wir wollen, dass beide Elternteile, getrennt oder zusammenlebend, Verantwortung für ihre Kinder übernehmen und diese gerecht aufteilen.
Auch glauben wir, dass das Unterhaltsrecht reformbedürftig ist, da die aktuelle Praxis statt Einigung oft zu Konflikten führen kann. Ein Mindestunterhalt muss gewährleistet bleiben doch für den Umgangsmehraufwand sind finanzielle Unterstützungen wie etwa steuerliche Vorteile bzw. Zuschläge für SGB II Leistungen denkbar.
Der Gesetzesgeber sollte jedoch, meiner Meinung nach, keine Modelle festschreiben. Diese Entscheidung sollte immer individuell an die Situation angepasst sein und das von Ihnen angesprochene Kindeswohl als Maßstab haben. Daher denke ich, dass diese Entscheidung weiter den zuständigen Familiengerichten überlassen werden sollten, anstatt pauschale Lösungen gesetzlich festzuschreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Keul