Lehnen Sie Sorgerecht für homosexuelle Mit-Väter ab oder sind Sie dafür? Sollen lesbische Mit-Mütter in die Barunterhaltsverpflichtung miteinbezogen werden?
Lehnen Sie Sorgerecht für homosexuelle Mit-Väter ab oder sind Sie dafür? Sollen lesbische Mit-Mütter in die Barunterhaltsverpflichtung miteinbezogen werden? Ist die realitätenabbildende Vervielfältigung der antragsberechtigten Akteur*innen vor den weitgehend unzureichend qualifizierten und überlasteten Familiengerichten einerseits und vor der Gleichstellung getrennt erziehender, unterhaltspflichtiger "Umgangsberechtigter" kindeswohlförderlich? Warum lehnen Sie vehement Sorgerecht für unverheiratete Väter ab, wie sie vor wenigen Tagen im,Spiegel mit Verweis auf Mutter-Wohl erklärten? Ist der Umsatz der "milliardenschweren familiengerichtsnaher Streitbewirtschaftungsindustrie" ausbauwürdig?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie verbinden in Ihrem Text eine Vielzahl von unterschiedlichen familienrechtlichen Fragen und ich werde versuchen, bestmöglich darauf zu antworten:
Sogenannte soziale Eltern übernehmen oft eine wichtige Rolle im Leben eines Kindes und es ist daher meiner Meinung nach im Sinne des Kindewohls, dass diese Bezugspersonen rechtlich in ihrer gelebten Elternschaft abgesichert sind. Gerade Regenbogenfamilien sind von den Regelungen, welche auf die klassische Paarbeziehung ausgelegt sind, oft nicht abgesichert und Familienmodelle bei denen von Anfang an mehr als zwei Menschen die Verantwortung für das Kind übernehmen wollen, bleiben bisher weitestgehend außen vor. Unser Vorschlag ist daher, das „kleine Sorgerecht“ zu einer „elterlichen Mitverantwortung“ weiterzuentwickeln, welche für bis zu zwei zusätzliche Erwachsene beantragt werden kann. Damit dies nicht zu weiteren Gerichtsverfahren in Kindschaftssachen führt, stellen wir klar, dass die beiden Eltern im Streitfall Vorrang vor den Mitverantwortlichen haben. Die elterliche Mitverantwortung hängt also vom Einvernehmen mit den eigentlichen Eltern ab und führt damit auch nicht zu einer Überlastung der Gerichte.
Im Hinblick auf die Elternschaft sollen Spender und Wunscheltern ihre Elternschaft mit einer Elternschaftsvereinbarung schon vor der Zeugung verbindlich regeln können und damit mehr rechtliche Sicherheit für alle schaffen.
Insgesamt streben wir eine inklusive Familienpolitik an, welche alle Familienkonstellationen bestmöglich unterstützt. Deswegen fordern wir auch, dass Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mehr Rechte und Unterstützung erhalten, denn die Ehe für alle hat längst nicht alle Ungleichheiten beseitigt. Im Fall von zwei Müttern wollen wir zum Beispiel das aufwändige und überholte Stiefkindsadoptionsverfahren durch eine Reform des Abstammungsrechts ablösen. In der letzten Legislaturperiode haben wir dazu bereits einen Vorschlag im Bundestag eingebracht, welcher die Diskriminierung von Regenbogenfamilien bekämpfen soll. Das Familienrecht muss also endlich der gesellschaftlichen Realität angepasst werden, sodass alle Familien gleichberechtigt sind.
Selbstverständlich sind lesbische Mütter dann in jeder Hinsicht gleichgestellt und im Falle einer Trennung auch barunterhaltspflichtig.
Bezüglich des Sorgerechts für unverheiratete Väter, möchte ich noch einmal den Kontext betonen. Es ging in dem Spiegel Artikel um ein Sorgerecht von Geburt an, was voraussetzen würde, dass die Auskunft über die Abstammung von der Kindermutter gerichtlich durchgesetzt werden könnte. Selbstverständlich sollen die Eltern bei der Vaterschaftsanerkennung ermutigt werden auch das Sorgerecht gemeinsam auszuüben.
Ich glaube, dass es dem Kindeswohl entspricht, wenn die Menschen, die für das Kind gemeinsam Verantwortung übernehmen können und wollen, dies auch ermöglicht wird. Durch die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare oder die rechtliche Absicherung sozialer Elternteile erfahren getrennt lebende Elternteile oder unterhaltspflichtige Umgangsberechtigte meiner Meinung nach in keiner Weise einen Nachteil. Ich kann daher den Bezug den sie aufzeigen nicht vollständig nachvollziehen.
Ich hoffe, ich konnte ihre Fragen hiermit beantworten.
Mit freundliche Grüßen
Katja Keul