Frage an Katja Keul von Heike R. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geerte Frau Keul,
eine Frage an Sie zu den Rüstungsausgaben. Ich hatte diese Frage ähnlich vor etwa einem Jahr an ein Mitglied von Frau von der Leyens Partei gestellt und, sorry, in meiner Auffassung nur " völlig sinnfreies Geschwafel", als Antwort erhalten.
Da das Thema wieder aktuell ist, eine Frage an Sie, als Mitglied des Verteidigungsauschuss.
Die Rüstungsausgaben der NATO haben sich von 2012 bis 2018 von 996 Mrd auf über 1 Billion Dollar erhöht;
Bereinigt um die Rüstungsausgaben der USA 2018 in Höhe von 727 Mrd Dollar, hat die EU in 2018 285,7 Mrd Dollar ausgegeben.
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5993/umfrage/militaerausgaben-der-wichtigsten-natostaaten/
Mit Verweis auf Russland sollen wir unsere Ausgaben drastisch steigern, wobei die Ausgaben der Russen aber gleichzeitig um 20% gesunken sind.
quelle: https://www.nzz.ch/international/russland-militaerausgaben-sinken-um-20-prozent-ld.1382315
Die Russen haben 66,3 Mrd Dollar ausgegeben (die EU, ohne USA, 285,7 Mrd Dollar, siehe oben)
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/
Frau Keul, machen wir etwas falsch mit unseren Ausgaben? Verschwendung? Vielleicht sogar "Vetternwirtschaft, wie jüngst unserem Verteidigungsministerum unterstellt? Wir Europäer geben fast 5 mal soviel aus wie der Russe, ich denke, die Statistik lügt nicht? Liegt mein Verdacht falsch, dass die Amerikaner selbstredend erwarten, dass wir Europäer deren Waffen kräftig kaufen sollen???
Weshalb wird uns eigentlich penetrant der Russe vorgehalten, wo die größten Rüstungstreiber doch die USA selbst, Arabien und China sind?
quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/
Sehr geehrte Frau Keul,bisher höre ich nur einseitig getwitterte Kriegsrethorik von Trump, nicht von Putin, zumindest nicht öffentlich, wie Trump der Welt droht ?
Mit freundlichem Gruß
H. R.
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18.02.2019.
Tatsächlich geben die europäischen NATO-Staaten heute schon dreimal
mehr für Rüstung aus als Russland – und die USA allein zehnmal so
viel. Wir als grüne Fraktion glauben nicht, dass wir die
sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit dadurch lösen
können, dass wir aus einer 13-fachen Übermacht eine 20-fache Übermacht
machen. Für uns ist der Frieden mehr als Sicherheit - und diese ist
mehr als nur hohe Rüstungsausgaben. Wir setzen uns viel mehr für eine
politische Strategie und die Rückkehr zur kollektiven Sicherheit ein.
Ohne eine solche Strategie führen höhere Rüstungsausgaben nur zu einer
Rüstungsspirale und so letztlich zu weniger Sicherheit für alle. Es
gilt also gemeinsam Lösungen zu einer dauerhaften Abrüstung und
Friedenspolitik zu finden, dazu müssen nach Möglichkeit sowohl
Russland als auch die USA ins Boot geholt werden. Meine Perspektive
auf die Entwicklung der NATO können Sie hier nachlesen:
https://katja-keul.de/userspace/NS/katja_keul/Dokumente_2019/190320_Nato_70_Jahre.pdf
Zu Deutschlands steigenden Ausgaben in diesem Bereich: Wir Grünen im Bundestag halten die steigenden Ausgaben für Rüstung und Verteidigung für einen falschen Ansatz und haben in den Haushaltsberatungen stattdessen Anträge zur Erhöhung der Mittel insbesondere für zivile Krisenprävention, humanitäre Hilfe und die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gestellt. Zudem hält die Bundesregierung nach wie vor an dem langfristigen NATO-Ziel fest, wonach die Mitgliedsstaaten einen Anteil von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben verwendet werden sollen. Die bestehenden Probleme der Bundeswehr lassen sich aus unserer Sicht nicht durch mehr Geld lösen. Diese steigenden Verteidigungsausgaben stehen nicht nur für einen unverantwortlichen Umgang mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern es ist auch gegenüber der Soldatinnen und Soldaten unfair zu behaupten, mehr Geld würde die Probleme der Truppe lösen.
Das sture Festhalten an dem Zwei-Prozent-Ziel überdeckt eine längst überfällige Debatte. Wir glauben, dass insbesondere in der Organisation der Beschaffung der Bundeswehr große Mängel bestehen, die zur Verschwendung von Steuergeldern beitragen und die man explizit angehen muss. Leider müssen wir seit Jahren feststellen, dass viele Neuanschaffungen, besonders die Neuentwicklungen, nicht das leisten, was die Industrie jeweils versprochen hat, und die Bundeswehr deswegen auf wesentliche Fähigkeiten verzichten muss. Außerdem werden wir im Untersuchungsausschuss um die Berateraffäre genau verfolgen, auf welchen Wegen das Geld aus dem Verteidigungsministerium an die Beraterfirmen gelangt ist und wer dafür verantwortlich war. Solange nicht zumindest diese strukturellen Defizite beseitigt sind, ist eine Erhöhung der Rüstungsausgaben für uns ein Verbrennen von Steuermitteln.
Herzliche Grüße
Katja Keul