Frage an Katja Husen von Marie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Husen,
ich verfolge seit einiger Zeit die Diskussion um das Feierabend-Parlament in den Medien. Hamburg ist das einzige Bundesland mit einem solchen Parlament.
Sind sie dafür oder dagegen?
Nennen Sie bitte Gründe!
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Marie Erdmann
Liebe Frau Erdmann,
Neben Hamburg, dem einzigen Feierabendparlament, gibt es drei weitere Parlamente, die als so genannte Teilzeitparlamente funktionieren: Berlin, Bremen und Baden-Württemberg. Ich finde Teilzeitparlamente als Landesparlamente prinzipiell sehr gut, da sie den Abgeordneten ermöglichen neben der Parlamentstätigkeit einen Beruf auszuüben. Dabei ist das Wünschenswerte weniger, dass ParlamentarierInnen eine weitere Einnahmequelle haben, als vielmehr die Anbindung an das "wahre Leben", also den Alltag der nicht partei-politisch organisierten Bürgerinnen und Bürger. Ich glaube übrigens, dass dieser Effekt nicht allein auf die Politik begrenzt ist - auch in anderen Berufen kann es zu einer Betriebsblindheit kommen, wenn der Kontakt mit anderen Menschen sich vor allem auf berufliche beschränkt. Ehrenamtliches Engagement beispielsweise kann hier den Horizont weiten. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Bürgerinnen und Bürger von Abhängigkeiten ihrer Abgeordneten, die sich aus deren Tätigkeiten neben dem Mandat ergeben, Kenntnis erhalten. Das ist nur durch Transparenz möglich. Notwendig sind auch empfindliche Strafen, wenn die Öffentlichkeit über bestehende Befangenheit oder Abhängigkeit nicht informiert oder getäuscht wird.
Ob Hamburg ein Feierabendparlament bleiben muss oder ein Teilzeitparlament nach dem Vorbild der anderen drei oben genannten Bundesländer werden soll, finde ich weniger leicht zu beantworten. De facto ist eine Vollerwerbstätigkeit auch in Hamburg nur dann mit dem Mandat zu vereinbaren, wenn sich die Abgeordnetentätigkeit auf den Besuch der Ausschuss- und Bürgerschaftssitzungen beschränkt – ohne umfassende persönliche inhaltliche Vor- und Nachbereitung. Der Arbeitsaufwand eines sorgfältig und engagiert ausgefüllten Mandates spricht meines Erachtens eher für ein Teilzeitparlament mit Sitzungs-und sitzungsfreien Tagen.
Allerdings gäbe es dann sicherlich eine Diskussion um die Anhebung der Abgeordnetendiäten. Und diese Diskussionen sind selten geeignet, das Vertrauen in Politik und PolitikerInnen zu stärken, was aber eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine funktionierende parlamentarische Demokratie ist.
Herzliche Grüße,
Katja Husen