Frage an Katja Husen von Andreas R. bezüglich Staat und Verwaltung
Hallo,
Es ist nicht erst seit der Gründung der Föderalismuskommission ein offenes Geheimnis, dass in Deutschland Dauerwahlkampf herrscht.
Immer wieder wird zur Erhöhung der Länge der Zeitfenster für Sachpolitik an den Legislaturperioden zum einen eine Verlängerung von Legislaturperioden auf 6 Jahre und eine Gleichtaktung der Legislaturperioden aller Bundesländer diskutiert. Dadurch würden Wahlen nur an einem Tag und nur alle 6 Jahre stattfinden.
Mich würde interessieren, wie ihre Partei zu diesem Vorschlag steht und ob sie sich überparteilich einen Konsens vorstellen könnten.
Grüße
A. Reichardt
Lieber Herr Reichardt,
die Ereignisse der letzten Tage haben dazu geführt, dass ich leider erst heute auf Ihre Frage antworten kann - und meine Antwort wahrscheinlich noch skeptischer ausfällt, als sie das ohnehin gewesen wäre. Vorgezogene Neuwahlen auf Landes- oder Bundesebene wären in einem System der immer gleichzeitigen Wahlen der verschiedenen Ebenen deutlich erschwert. So manche Regierung, die ihre Regierungsfähigkeit auf jeden Fall verloren hatte wie bspw. der CDU-Schill-FDP-Senat nach den Eklats um Schill oder Brandt nach dem Verlust seiner Regierungsmehrheit, wäre vielleicht gezwungen worden, "noch ein bisschen durchzuhalten" - bis zu den regulären Wahlterminen nämlich. Ich halte mehr von klaren Schnitten und der Möglichkeit der Bevölkerung bei Neuwahlen ihrem Willen Ausdruck zu verleihen. Vor diesem Hintergrund kann ich auch den Wunsch der SPD-Spitze nach vorgezogenen Bundestagswahlen im Herbst verstehen.
Ein weiteres Problem, das ich sehe, betrifft die Wahlkampfzeiten eines gleichzeitigen Wahlkampfes. Da es für die Parteien zu einer Art "hop oder top"-Situation kommen würde, gäbe es wahrscheinlich eine Wahlkampfschlacht, wie sie in den USA üblich ist. Nicht nur, dass kleinere Parteien in diesen Materialschlachten aus finanziellen Gründen nicht mithalten können, so dienen sie meines Erachtens noch sehr viel weniger als heutige Wahlkämpfe der politischen Meinungsbildung durch inhaltliche Auseinandersetzung der WählerInnen mit den Parteien.
Zuguterletzt kann ich mich nicht mit sechsjärigen Legislaturperioden anfreunden. Nicht nur, dass es dann erst recht Regelungen zur Rotation geben müsste, um personellen Stillstand zu vermeiden, es bräuchte auch dringend mehr Elemente direkter Demokratie, um der Bevölkerung zwischen den Wahlterminen Einflussnahme zu ermöglichen.
Was nun die beiden letzten Forderungen angeht, sehe ich gerade mit der CDU keine Möglichkeiten zu einer überparteilichen Einigung, insbesondere nicht in Fragen des Umgangs mit Elementen der direkten Demokratie – die jüngsten Entwicklungen in Hamburg sind da eher Anlass zur Sorge.
Einen Beschluss von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gibt es meines Wissens zu dieser Frage nicht, so dass ich Ihnen hier nur meine private Meinung vortragen konnte.
Herzliche Grüße,
Katja Husen