Können Sie die Verhinderung des Lieferkettengesetzes verantworten und damit den politischen Schaden für die EU und Deutschland?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
als Koalition hatten wir uns darauf geeinigt Unternehmer und den Mittelstand nicht mit weiterer Bürokratie zu belasten. Die Bundesregierung hatte sich dann vergangenen November auf Bedingungen verständigt und dem Europäischen Rat mitgeteilt, welche im Triologverfahren jedoch nicht erfüllt wurden.
Nicht nur die überdimensionierte Bürokratieflut ist für uns Freie Demokraten ein Grund um diese Richtlinie in dieser Form abzulehnen!
Wir setzen wir uns in Deutschland, Europa und der Welt für Freiheit, den Schutz der Menschenrechte, Wohlstand und eine starke Wirtschaft ein. Um dieses Ziel zu erreichen müssen Politik und Wirtschaft Hand in Hand arbeiten und Erwartungen dort adressieren, wo sie auch erfüllt werden können. Die Idee, mit der EU-Lieferkettenrichtlinie Menschenrechte zu stärken, Arbeitnehmerrechte zu garantieren und die Umwelt besser zu schützen, ist gut gemeint. Die Umsetzung verfehlt jedoch leider ihr Ziel.
Freier Handel mit der EU und Deutschland ist für die meisten Entwicklungsländer ein riesiges Aufstiegsversprechen und nützt den Menschenrechten mehr als jede staatliche Entwicklungshilfe. Das Ziel der EU-Lieferkettenrichtlinie müsste es sein, dass es Unternehmen einfacher gemacht wird, ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Es ist sinnvoller für ganz bestimmte Verstöße gegen die Menschenrechte passgenaue Antworten zu finden, als alle Unternehmen aller Branchen unter einen Generalverdacht zu stellen.
Die Vertagung der Abstimmung im Europäischen Rat zeigt, dass auch andere Länder ihre Bedenken haben. Die öffentliche Diskussion unterschlägt, die Auseinandersetzung in der Sache. Die Mehrbelastung von Unternehmen muss gut begründet und zweckgerichtet sein, wenn wir als Wirtschaftsstandort Deutschland glaubhaft bleiben wollen.
Wer wirklich etwas verändern will, handelt nach dem Motto "stay and improve" anstatt "cut and run". Denn verantwortungsvolles Unternehmertum respektiert Menschenrechte und Umwelt. Vielen Anlegern und Aktionären ist daran gelegen, nachhaltige Standards zu verfolgen. Aktivitäten von Unternehmen werden aufgrund der starken Nachfrage auch immer transparenter. Deutsche und europäische Unternehmen können vor Ort viel gutes bewirken. Ziehen sie sich zurück, haben sie auch keinen positiven Einfluss mehr auf Arbeitsbedingungen, Ausbildung, Umweltstandards und Gesundheitsversorgung.
Die Haltung meiner Fraktion ist sehr konkret und konsequent: mehr Bürokratie und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern ist mit uns nicht zu machen. Mit einer Vertagung der Abstimmung besteht die Chance eine praxistaugliche Lieferkettenrichtlinie zu entwerfen, sodass nicht nur unsere sondern auch die Bedenken in anderen europäischen Ländern ausgeräumt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Hessel