Frage an Katharina Fegebank von Johannes B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Wie ist ihre Position zu dem anhaltend angespannten Wohnungsmarkt? Mich ärgert, dass es nur zwei Kategorien zu geben scheint: Luxus-oder Sozialwohnung. Mit normalen oder Guten Einkommen ist eine Familiengründung in Hamburg mit eigener Immobilie nicht mehr möglich. Dies gilt auch für die zahlreichen im öffentlichen Dienst Angestellten und Beamten, die von großer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Stadt sind, sich diese aber nicht mehr leisten können. Gibt es für diese nur die Option die Stadt zu verlassen oder erhebliche Wege auf sich zu nehmen? In München werden für die Bediensteten der Stadt immerhin Wohnungen angeboten oder es wird ein Zuschlag für Wohnungen gezahlt.
Mich ärgert es sehr, dass die Gründung einer Familie in Hamburg anscheinend Luxus ist, da keine bezahlbaren Wohnungen zur Verfügung stehen.
Haben Sie für diese Problematik eine Lösung, wie werden Sie damit umgehen?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage bzgl. der aktuellen Situation am Wohnungsmarkt.
Sie haben vollkommen Recht – die Entwicklung der Baukosten, der Preisentwicklung der (Neubau-)Eigentumswohnungen und die Mieten im freifinanzierten Wohnungsbau sind besorgniserregend.
Wir Grüne haben in unserem Wahlprogramm einen 11-Punkte-Plan für bezahlbare Mieten formuliert, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.
Unsere Ideen können Sie auf den Seiten 41 ff. in unserem Programm ausführlich nachlesen: [ https://cdn.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/11/Zukunftsprogramm_GRUENE_2020.pdf | https://cdn.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/11/Zukunftsprogramm_GRUENE_2020.pdf ]
Aus Grüner Sicht besteht eine gute Wohnungspolitik grundsätzlich aus einem Zweiklang:
Zum einen setzen wir auf eine hohe Neubaurate, um der rasant gewachsenen Nachfrage durch hohe Zuzugszahlen gerecht werden zu können.
In Hamburg sollen weiterhin jährlich Genehmigungen für 10.000 Neubauwohnungen erteilt werden. Davon sollen 3.000 Wohnungen als geförderte Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen genehmigt werden. Mit dem Drittelmix – 1/3 geförderte Wohnungen, 1/3 freifinanzierte Mietwohnungen und 1/3 Einkommenswohnungen sichern wir eine gemischte Bewohner*innenschaft in den Quartieren.
Dabei wollen wir die Bindungsdauer für geförderten Wohnraum auf 30 Jahre ausweiten.
Die Mieten im freifinanziertem Drittel müssen wir künftig deutlich günstiger hinbekommen, so dass der Anteil an „bezahlbaren“ Mieten größer wird.
Den in dieser Legislatur gestarteten 8-Euro-Wohnungsbau wollen wir als Basis nehmen, um preisgedämpften Mietwohnungsbau ohne Förderung weiterzuentwickeln und mit verlässlichen Partner*innen umsetzen.
Wir wollen außerdem Bauträger, die im Sinne des „Non-Profit-Housing“ keine Maximalmieten nehmen sowie Genossenschaften, Baugemeinschaften und Wohnstifte stärken. Das heißt, wir wollen die Grundstücksvergabe an gemeinwohlorientierte Bauträger wie Genossenschaften, Stiftungen, Kirchen etc. deutlich erhöhen.
Im Eigentumssegment wollen wir ebenfalls zu preisreduzierten Angeboten kommen sowie Miet-Kauf-Modelle realisieren.
Zum anderen müssen die Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung und überhöhten Mietforderungen geschützt werden .
Es gibt bereits verschiedene Instrumente, mit denen die Regulierung des Wohnungsmarktes zur Sicherstellung der Versorgung mit Wohnraum möglich ist. In der Vergangenheit wurden diese Instrumente nicht immer rechtzeitig und konsequent angewendet.
Künftig wollen wir bereits bei ersten Anzeichen von Verdrängung Soziale Erhaltungsverordnungen (§172 BauGB) auf den Weg bringen, um eine negative Gentrifizierung einzudämmen. Sanierungsverfahren (§ 136 BauGB) oder städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (§165) sollten rechtzeitig vorbereitet und erlassen werden, um mit „vorbereitenden Untersuchungen“ und „Veränderungssperren“ Bodenspekulation zu verhindern. Immer wieder gibt es auch spekulativen Leerstand in der Stadt. Hier soll Hamburg künftig zügig verstärkt zum Mittel der Ersatzvornahme greifen. Wir brauchen die soziale Mischung in den Quartieren und keine homogenen Quartiere, die die soziale Spaltung zementieren.
Wir GRÜNEN setzen uns außerdem für ein starkes Mietrecht ein. Die geltenden Regeln reichen nicht aus, um Mieter*innen effektiv vor überhöhten Mieten zu schützen. Die so genannte Mietpreisbremse hat in ihrer heutigen Form bislang nur wenig Wirkung entfaltet, und die halbherzige Reform von CDU/CSU und SPD im Bund hat hieran nichts geändert.
Deshalb setzen wir uns für eine Verschärfung der Kappungsgrenze ein und wollen ökonomische Fehlanreize für Vermieter*innen, sich nicht an die Mietpreisbremse zu halten, abschaffen. Dazu wollen wir die Vorschrift des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz so reformieren, dass sie zu einem scharfen Schwert gegen Mietwucher wird und Verstöße mit hohen Bußgeldern geahndet werden können.
Für faire Vermieter*innen wollen wir Anreize setzen, längerfristig auf Mieterhöhungen zu verzichten, indem wir im Einkommenssteuergesetz eine entsprechende steuerliche Förderung verankern: den Fairmieter-Steuerbonus. Wer die Bestandsmiete über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht erhöht, kommt in den Genuss der Steuererleichterung. Wenn die Miete mehr als acht Jahre nicht erhöht wurde, steigt die Förderung. Förderungsfähig soll insbesondere sein, wenn Vermieter im Zuge einer Modernisierung auf die Umlage der Kosten verzichten. So unterstützen wir faire Vermieter, die im Interesse der Allgemeinheit in die Energieeffizienz ihrer Wohngebäude investieren und so einen Beitrag dazu leisten, durch eine nachhaltige Energieeinsparung Hamburgs Klimaziele zu erreichen. Diese Förderung soll für Vermieter*innen und Finanzverwaltung so schlank und unbürokratisch wie möglich ausgestaltet werden.
Einen Mietendeckel wie in Berlin halten wir für das falsche Instrument und befürworten ihn aus drei Gründen nicht:
1. Es bestehen Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Nach Art. 74 I Nr. 1GG ist der Bund für das Bürgerliche Gesetzbuch und somit für das Mietrecht zuständig.
2. Es bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der materiell rechtlichen Ausgestaltung des Mietendeckels. Dies gilt ebenso für die Absenkung von Mieten in bestehenden Mietverträgen, da vielfach ganze Finanzierungskonstrukte daran geknüpft sind. Hier besteht die Gefahr, dass diese in Folge des Mietendeckels rückabgewickelt werden müssten.
3. Es steht zu erwarten, dass es in Folge des Mietendeckels zu jahrelangen Rechtstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang kommt und am Ende vor allem sprunghaft gestiegenen Mieten in Reaktion auf die Diskussion um den Mietendeckel stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Fegebank