Welchen konkreten Vorschlag haben Sie, um unser heutiges Schulsystem zu modernisieren und zukunftsfähig zu machen?
Liebe Frau L.,
vielen Dank für Ihre Frage!
Zunächst möchten wir Ihnen Recht geben, dass die Schulen in Deutschland dringend modernisiert werden müssen. Denn die aktuelle Lage ist beunruhigend: in den kommenden Jahren dürften um die 100.000 Lehrkräfte in Deutschland fehlen, hinzu kommen fehlende Sozialpädagog*innen, Schulpsycholog*innen und mehr. Der Sanierungsstau an öffentlichen Schulen beläuft sich auf fast 55 Milliarden Euro. Nach dem „PISA-Schock“ Anfang der 2000er Jahre befinden wir uns wieder auf dem Weg in eine handfeste Bildungskrise. Jede*r kennt es selbst, von den eigenen Kindern, aus der Familie oder hört es von Freund*innen: Es tropft in den Schulen von der Decke, die Sporthalle ist gesperrt, das Schulklo verstopft und jede siebte Schulstunde fällt wegen fehlenden Lehrkräften aus. Knapp drei Millionen junger Menschen verfügen über keine abgeschlossene Ausbildung – Tendenz steigend. Deutschland bleibt zudem eine der Industrienationen, in denen der Bildungserfolg nach wie vor am stärksten vom Geldbeutel oder der Herkunft der Eltern abhängen und Bildungsungerechtigkeit vererbt wird.
Schulbildung wirkt zudem in vielen Teilen nicht zielführend: Kinder und Jugendliche werden am Fließband zu Abschlüssen gebracht, die Talente und Neugier für Kreatives, Sport, Politisches, Naturwissenschaften, Sprachen oder Informatik können sich aber selten entfalten.
Deswegen brauchen wir jetzt eine Bildungswende! Bildungspolitik sollte den höchsten politischen und gesellschaftlichen Stellenwert haben. Gute Bildungspolitik ist soziale Chancenpolitik, gelebte Generationengerechtigkeit, demokratische Gesellschaftspolitik und vorausschauende Wirtschaftspolitik. Gute Bildung schafft Sicherheit: gegen Desinformation, gegen Arbeits- und Perspektivlosigkeit, gegen eine erodierende Demokratie.
Wir wollen alte Lösungen für alte Probleme hinter uns lassen. Aufbauend auf dem Paradigmenwechsel des Startchancen-Programms wollen wir den Weg weiter gehen: Die Bildungspolitik des Bundes soll langfristiger und zuverlässiger werden und Geld nach sozialem Bedarf verteilen und nicht wie bisher mit der Gießkanne.
Deshalb schlagen wir eine Agenda für eine nationale Bildungswende vor, die folgende Punkte umfasst:
1) Wir brauchen eine nationale Bildungsstrategie und nationale Bildungsziele. Gemeinsam mit den Ländern und im Dialog mit den Kommunen/Schulträgern wollen wir gemeinsame nationale Bildungsziele bzw. Ziele der Bildungspolitik vereinbaren.
2) Bildungspolitik muss höchste Priorität genießen. Wir schlagen dazu einen Bildungsgipfel unter Leitung des Bundeskanzlers und Beteiligung aller Ministerpräsident*innen und Kultusminister*innen vor, auf dem oben genannte gemeinsame Ziele im Rahmen einer Resolution vereinbart werden können.
3) Wir fordern ein „Zukunftsinvestitionsprogramm Schule“ von Bund und Ländern. Damit wollen wir bundesweit vor allem in Grundschulen investieren, und zwar in
a. Bau und Sanierung von klimagerechten, digitalen und inklusiven Schulgebäuden,
b. mehr Personal wie Sozialpädagog*innen, Schulpsycholog*innen oder IT-Fachleute
c. einen Pakt für Zukunftskompetenzen – von Lesen, Schreiben, Rechnen und Programmieren lernen, über politische Bildung, Medienbildung oder Bildung zu Nachhaltigkeit bis hin zu sozialen Kompetenzen und kritisch-reflektierendem Denken.
4) Wir brauchen eine Nationale Strategie für Medienbildung zu deren Umsetzung wir eine Bundeszentrale für Digitale und Medienbildung schaffen wollen. Dort sollen u.a. qualitätsgesicherte Lernmaterialen entwickelt und bereitgestellt werden.
6) Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern oder Herkunft abhängen. Deshalb fordern wir weiterhin die sofortige Anpassung des BAföG an das Bürgergeld und einen Mietzuschuss im BAföG für Hochschulstandorte mit extrem hohen Mieten.
Viele Grüße
Team Dröge