Sehr geehrte Frau Dröge, wie beurteilen Sie die Bemühungen der Bundesregierung, besonders der Außenministerin, für eine Freilassung von Julian Assange?
Lieber Herr R.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfolgt den Fall von Julian Assange seit langem mit großer Aufmerksamkeit und Sorge.
Julian Assange, Gründer der Plattform Wikileaks, kann seit mehr als 12 Jahren nicht mehr in Freiheit leben. Seit April 2019 ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Großbritannien inhaftiert, wo er gegen seine von den Vereinigten Staaten von Amerika beantragte Auslieferung kämpft. Wegen seiner Veröffentlichungen, einschließlich der Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan, drohen ihm in den Vereinigten Staaten bis zu 175 Jahre Haft.
Wie viele Menschenrechtsorganisationen sind wir sehr besorgt über den Abschreckungseffekt, den eine Auslieferung und eines Gerichtsverfahrens in den USA für Pressefreiheit weltweit haben könnten. Es braucht international mehr Schutz für Plattformen wie Wikileaks, für Whistleblower*innen und Journalist*innen und nicht weniger. Zum besseren Schutz von Hinweisgeber*innen und Journalist*innen hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen Regierungsentwurf vorgelegt, dem der Bundesrat aber nicht zustimmte. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, einen besseren Hinweisgeberschutz zu realisieren. Denn beim Hinweisgeberschutz müssen allerhöchste Standards gelten. Eine freie Presse und Kontrolle von Regierungshandeln sind Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Demokratien.
Die Auslieferung Julian Assanges wäre ein fatales Symbol für Presse- und Medienschaffende weltweit. Wir halten sie deswegen für falsch. In ihrer Funktion als Außenministerin hat Annalena Baerbock wiederholt betont, dass es eine Diskrepanz zwischen unserem Rechtsverständnis und dem Rechtsverständnis der USA bezüglich der Pressefreiheit in diesem Fall gibt. Dementsprechend hat sie den Fall Assange bereits öfter mit ihrem britischen Amtskollegen James Cleverly thematisiert. Das halten wir für richtig.
Aktuell läuft ein erneutes Berufungsverfahren vor dem britischen High Court. Im Rahmen dieses Verfahrens werden sich nochmal zwei Richter*innen, die mit dem Fall bislang noch nicht befasst waren, mit Julian Assanges Einspruch gegen seine Auslieferung befassen.
Mit freundlichen Grüßen
Team Dröge