Frage an Katharina Dröge von Joachim G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Dröge,
ich beziehe eine gesetzliche Rente und meine Frau eine kleine Berufsunfähigkeitsrente. Als private Altersvorsorge haben wir vermietete Eigentumswohnungen gekauft. Leider müssen wir nun befürchten, dass Die Grünen uns diese Zusatzrente wieder abnehmen wollen.
Herr Habeck schließt Enteignungen von Vermietern nicht aus, in Berlin hat Ihre Partei sogar mit großer Mehrheit beschlossen, Vermieter zu enteignen (ZEIT Online 20.03.21).
Laut Bundestagswahlprogramm 2021 wollen Die Grünen Mietobergrenzen per Bundesgesetz festlegen. In Berlin haben sie das schon getan (sogar rückwirkend). Vielleicht müssen wir also in Zukunft mit Verlust zu vermieten.
Ihrer Partei begründet das mit populistischen und unwahren Behauptungen:
"Viele Menschen geben einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für ihre Wohnung aus" (Wahlprogrammentwurf 2021)
"Mietenexplosion" (Katrin Göring-Eckardt)
"Die Mieten in Berlin sind seit 2008 um 104% gestiegen" (Katrin Schmidberger, Berlin 2019)
Unsere Mieten sind nicht explodiert und sie sind langsamer gestiegen als die Einkommen. Das gilt übrigens für die meisten Gegenden in der Bundesrepublik z.B. auch für Köln (IW-Kurzberichte, Entwicklung der Mieten und Löhne 2014-2018).
Zu Ihrem Programm für die kommende Bundestagswahl habe ich folgende Fragen:
1.) Welche Mietobergrenzen wollen Die Grünen konkret festlegen? Warum soll ein Inflationsausgleich nicht erlaubt werden?
2.) Welche "qualitativen Kriterien" sollen für Enteignungen gelten?
3.) Die Grünen fordern energetische Sanierungen, die für Mieter kostenneutral sind. Warum sollen nur die Vermieter für klimafreundliches Wohnen zahlen, aber die Mieter nicht? (Nach dem Motto: "Wählt die Grünen, für die Rettung der Umwelt zahlen dann andere")
4.) Sie wollen den "Erwerb von Wohnungseigentum erleichtern" aber gleichzeitig das Verbot der Umwandlung in Eigentumswohnungen "ausweiten"?
5.) Wäre der "Bürgerfonds" unsere Alternative, wenn Vermietergewinne verboten sind?
Sehr geehrter Herr Goffart,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne beantworte ich im Folgenden Ihre Fragen.
1.) Welche Mietobergrenzen wollen Die Grünen konkret festlegen? Warum soll ein Inflationsausgleich nicht erlaubt werden?
Bei neuen Mietverträgen sollen die Mieten in Wohnraummangelgebieten nicht mehr als 5 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Die aktuelle Rechtslage erlaubt 10 Prozent. Für bestehende Mietverträgen sollen die Mieten um nicht mehr als 2,5 Prozent im Jahr steigen dürfen und nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus. Momentan dürfen sie um 15 Prozent in 3 Jahren steigen.
Außerdem wollen wir, dass in die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete die Mieten der vergangenen 20 Jahre einfließen, nicht nur der letzten 6 Jahre, wie heute. Ältere Mietverträge sind meist günstiger und deren Einbeziehung hat einen weiteren dämpfenden Effekt.
2.) Welche "qualitativen Kriterien" sollen für Enteignungen gelten?
Enteignungen dürfen immer nur als letztes Mittel angewendet werden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Zum Beispiel wenn mit Bauland spekuliert, oder wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet wird, kann vor Ort ein entsprechender Eingriff, mit einem Baugebot oder einer Ersatzvornahme durch die Kommune, sinnvoll sein. Das wird vor Ort entschieden und abgewogen.
3.) Die Grünen fordern energetische Sanierungen, die für Mieter kostenneutral sind. Warum sollen nur die Vermieter für klimafreundliches Wohnen zahlen, aber die Mieter nicht? (Nach dem Motto: "Wählt die Grünen, für die Rettung der Umwelt zahlen dann andere")
Uns ist bewusst, dass wir die Klimakrise nur gemeinsam aufhalten können. Wir Grüne im Bundestag wollen dafür sorgen, dass auch das Klima zwischen Eigentümer*innen und Mieter*innen endlich wieder stimmt. Dafür stellen wir mindestens 7 Milliarden Euro Fördermittel für vermietete Wohnungen bereit. Wir wollen mit einer Informationsoffensive erreichen, dass alle Eigentümer*innen den Modernisierungspfad von KfW 55 für ihre Häuser kennen. Die angewendeten Fördermittel sollen künftig nicht mehr von den auf die Miete umlegbaren Kosten abgezogen werden.
Mit unserem Aktionsplan „Faire Wärme“ haben wir ein umfassendes Paket vorgelegt, das die Komplexität der anstehenden energetischen Modernisierung des Gebäudebestandes entsprechend berücksichtigt. Weitere Informationen dazu finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/bauen-wohnen-stadtentwicklung/klimafreundlich-wohnen
4.) Sie wollen den "Erwerb von Wohnungseigentum erleichtern" aber gleichzeitig das Verbot der Umwandlung in Eigentumswohnungen "ausweiten"?
Wir Grüne im Bundestag wollen Käuferinnen und Käufer von Wohneigentum entlasten und dazu die teilweise sehr überzogenen Maklergebühren durch ein marktwirtschaftliches Prinzip senken.
Wer den Makler bestellt, soll ihn auch bezahlen. Das ist fast immer die Verkäuferin oder der Verkäufer der Immobilie. Die Bundesregierung ist zuletzt, nachdem sie unseren Vorschlag zunächst unterstützte, vor der Maklerlobby eingebrochen und hat nun die hälftige Teilung beschlossen. Uns reicht das nicht, denn die Maklergebühr bleibt in ihrer absoluten Höhe unangetastet.
In Gebieten mit Wohnraummangel und in denen die Zusammensetzung der Bevölkerung erhalten bleiben soll, setzen wir uns für einen Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein. Wir haben ein Gutachten über die Umwandlungserfahrungen der vergangenen Jahr in erstellen lassen. Dies zeigt, dass sehr häufig nach der formalen Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, diese dann anschließend einfach teurer vermietet werden. Selbst genutztes Eigentum entsteht kaum. Die anschließenden hohen Neuvertragsmieten fließen in die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein, die dann auch zu Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen berechtigen. Darüber hinaus verfolgt ein relevanter Teil der Immobilieneigentümer*innen nicht das Ziel langfristig Bestandshalter und Wohnungsverwalter zu sein, sondern spekuliert schlicht auf Wertsteigerungen.
Das hat negative Auswirkungen auf das Zusammenleben in unseren Städten und auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, die wir verhindern wollen.
Weitere Hintergrundinformationen und das Gutachten finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/bauen-wohnen-stadtentwicklung/umwandlung-von-miet-in-eigentum-gift-fuer-staedte
5.) Wäre der "Bürgerfonds" unsere Alternative, wenn Vermietergewinne verboten sind?
Das Konzept hinter dem von Ihnen angesprochenen „Bürgerfonds“ ist uns nicht bekannt. Daher ist eine Einschätzung bzw. Bewertung nicht möglich. Im Übrigen ist es nicht unsere Position Vermietergewinne generell zu verbieten.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dröge