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Katharina Beck
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Frage von Daniel C. •

Wenn die Schuldenbremse aufgehoben und das Renteneintrittsalter gleichen bleiben soll, wie sollen dann unsere Kinder und Enkelkinder ihr Leben finanziell gestalten können?

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für diese Fragen nehmen.
Viele Grüße,
Daniel C.

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr C.

vielen Dank für Ihre Frage. Auch mir liegt die Zukunft der Kinder und Enkelkinder sehr am Herzen. Genau deshalb setze ich mich für eine Reform der Schuldenbremse ein. 

Die Schuldenbremse wurde eingeführt, um zu verhindern, dass Staaten langfristig über ihre Verhältnisse leben und eine übermäßige Verschuldung aufbauen, die zukünftige Generationen belasten würde. Das Prüfen der Finanzen finde ich sehr wichtig. Es geht mir nicht um eine Abschaffung der Schuldenbremse.

Finanziell haben nachfolgende Generationen aber nichts davon, wenn wir zwar eine strenge Schuldenbremse einhalten, das Land aber nicht mehr funktioniert oder Unternehmen wegen der schlechten Infrastruktur abgewandert sind. Genau diese Gefahr besteht aber gerade, wenn wir jetzt nicht die notwendigen Zukunftsinvestitionen tätigen. 

In einer Studie empfiehlt der BDI - der Verband der deutschen Industrieunternehmen - mit Nachdruck, umfangreiche Investitionen zu tätigen: bis zum Jahr 2030 erachtet er insgesamt etwa 1,4 Bio. Euro an zusätzlichen öffentlichen und privaten Investitionen für notwendig - beispielsweise in die Modernisierung der Infrastruktur, den Ausbau von Stromnetzen oder die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung. Bleiben wir untätig, sind laut Studie ein Fünftel der deutschen Industrie mittelfristig gefährdet. Gelingt es uns aber, unsere Wirtschaft zu transformieren und zukunftsfähig aufzustellen, eröffnet die globale Klimatransformation Deutschland neue Wachstumschancen – auf neuen Märkten von mehr als 15 Billionen Euro Umsatz in 2030 (Vgl. Schaefer, Thilo / Goecke, Henry / Hönig, Tillman / Küper, Malte / BCG / BDI, 2024, Transformationspfade für das Industrieland Deutschland, Gutachten in Kooperation des Instituts der deutschen Wirtschaft mit der Boston Consulting Group und dem Bundesverband der deutschen Industrie, Berlin / Köln).

Das bedeutet: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir massiv in unseren Standort investieren - das sichert die Arbeitsplätze von morgen und damit auch die finanzielle Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Die aktuelle Ausgestaltung der Schuldenbremse verhindert, dass wir diese Investitionen tätigen können. Deswegen brauchen wir eine Reform der Schuldenbremse. Sie sollte für Investitionen reformiert werden, nicht für Sozialausgaben. 

Was das Renteneintrittsalter anbelangt, wollen wir zwar grundsätzlich an der Rente mit 67 festhalten, aber es erleichtern, freiwillig länger zu arbeiten. 

Wir verlieren heute bei Renteneintritt viele Arbeitnehmer*innen mit guter Expertise, die teilweise ja auch noch Lust haben, weiterzuarbeiten. Das können wir uns angesichts des Fachkräftemangels nicht leisten. Deswegen haben wir in der Ampel-Regierung die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Menschen, die neben dem Rentenbezug erwerbstätig sein möchten, stark verbessert, indem wir die Hinzuverdienstgrenzen abgeschafft haben. Wer arbeitet, kann deshalb die Rente vollständig behalten.

Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass Menschen mit einem harten Job wie Pflegekräfte oder Handwerker in Rente gehen können, bevor ihr Körper aufgibt. Deswegen wollen wir an der Altersgrenze für die Regelaltersrente mit 67 Jahren festhalten. 

Zudem müsste überlegt werden, wie die Rente langfristig finanziert werden könne. Ein wichtiger Punkt wäre, dass Politikerinnen und Beamte in das gesetzliche Rentensystem einzahlen würden. Das stellt die gesetzliche Rente auf eine breitere Finanzierungsbasis und entlastet künftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 

Kurzfristig wäre auch schon viel gewonnen, wenn sog. versicherungsfremde Leistungen - also gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie Kindererziehungszeiten, Anrechnungszeiten von Mutterschutz und Ausbildungszeiten etc. - nicht mehr von den gesetzlich Rentenversicherten, sondern von der Allgemeinheit über Steuern finanziert würde. Insgesamt wurden zuletzt von der Rentenkasse gesamtgesellschaftliche Aufgaben in Höhe von 108,2 Milliarden Euro übernommen. Zum Ausgleich dessen wurden steuerfinanzierte Bundeszuschüsse in Höhe von 84,3 Milliarden Euro gezahlt. Daraus ergibt sich eine Unterfinanzierung von jährlich 23,9 Milliarden Euro. Diese Unterfinanzierung hat zur Folge, dass die gesetzlich Versicherten 1,5 Prozent höhere Beiträge zahlen als nötig, um diese versicherungsfremden Leistungen zu finanzieren (Vgl. VDK Faktenblatt -  Einnahmenanalyse Sozialversicherungssystem und steuerpolitisches Konzept).

Es gibt in der Rentenpolitik also zahlreiche Optionen für einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen, bei denen weder die junge Generation finanziell überfordert wird, noch die Bedürfnisse von älteren, körperlich schwer arbeitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern außer Acht gelassen werden. 

Ich habe mich gefreut, dass Sie sich an mich gewandt haben und hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen kann. Der Austausch mit Bürger*innen ist mir wichtig und kostbar. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit in Hamburg und Berlin informiert werden möchten, können Sie sich gerne hier für meinen Newsletter anmelden. 

Herzliche Grüße
Katharina Beck