Frage von Stefan N. •

Welchen Sinn hat Steuerklasse 6? Warum werde ich für Fleiß bestraft?

Sehr geehrte Frau Beck,ich arbeite unter der Woche in Teilzeit im Büro und am Wochenende in Teilzeit in der Pflege. Vor Kurzem habe ich meine Tätigkeit in der Pflege von einem Minijob auf Teilzeit ausgeweitet, da mir diese Arbeit Freude bereitet und ich zugleich eine große Not in diesem Bereich sehe.Nun verstehe ich nicht, warum ich für diese Teilzeittätigkeit in der Pflege in Steuerklasse 6 fast 50 % Steuern zahlen muss. Können Sie mir das bitte erklären und sagen, ob Sie diese Regelung für gerecht halten?Ich bitte Sie, nicht mit allgemeinen Phrasen zur Wertschätzung der Pflege zu antworten – die Frage lässt sich genauso auf andere Zweitjobs anwenden. Ich verstehe nicht, warum fleißige Bürger durch die Steuerklasse 6 bestraft werden, während passives Einkommen aus Kapitalanlagen mit maximal 25 % besteuert wird.Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antwort.Mit freundlichen Grüßen
Stefan N.

Portrait von Katharina Beck
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr N.

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich verstehe Ihren Unmut über die Abzüge in der Steuerklasse 6. Dies ist aber lediglich ein rein administrativer Vorgang, um dem Umstand gerecht zu werden, dass Sie zwei Arbeitsverhältnisse haben. Denn: Ihre beiden Arbeitgeber kennen sich ja nicht und wissen nicht, was Sie beim jeweils anderen Arbeitgeber verdienen. Deshalb bekommen Sie nur in einem Job die Freibeträge, die Ihnen zustehen – dazu gehören der Grundfreibetrag i.H.v. 12.096€ (Stand 01.01.2025), auf den Sie keine Steuern zahlen, der Arbeitnehmerpauschbetrag und ggf. auch den Kinderfreibetrag.

Ihr zweiter Job – normalerweise jener, in dem Sie weniger verdienen – bekommt dann keine Freibeträge (diese kommen ja schon in Ihrem ersten Job zur Anwendung) und Sie müssen Ihr Einkommen ab dem ersten Euro versteuern.

Aber: Durch Ihre beiden Jobs sind Sie verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Und im Zuge dieser Steuererklärung werden Ihre beiden Einkommen addiert und wieder alle Ihnen zustehenden Freibeträge abgezogen. Ggf. können Sie noch weitere Werbungskosten in Abzug bringen. Auf das dann zu versteuernde Einkommen wird die final zu zahlende Einkommensteuer festgelegt. Je nachdem, wie hoch Ihr zu versteuerndes Einkommen ist, bekommen Sie eine Erstattung oder müssen Einkommensteuer nachzahlen – das liegt am progressiven Einkommensteuertarif. Bei weiteren Fragen ist das nächste Büro des Lohnsteuerhilfevereins eine gute und kompetente Anlaufstelle.

Hinsichtlich der Besteuerung von Arbeitseinkommen vs. Kapitaleinkommen bleibt die von Ihnen erwähnte Ungerechtigkeit. Wir von Bündnis 90/ Die Grünen setzen uns schon seit vielen Jahren für die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte ein. Es ist jedoch aufgrund der vorgezogenen Neuwahl und der Schnelligkeit, mit der das neue Wahlprogramm entworfen wurde, nicht möglich gewesen, alle Punkte unterzubringen. Da mir das Thema Gerechtigkeit aber sehr am Herzen liegt, habe ich bereits letztes Jahr mit meinem Kollegen Andreas Audretsch ein Papier zum Thema ,,Steuergerechtigkeit“ veröffentlicht, aus dem mittlerweile ein Fraktionsbeschluss geworden ist. Sie können ihn hier einsehen: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/dateien/downloads/autor_innenpapiere/beschl%C3%BCsse/Fraktionsbeschluss_Steuergerechtigkeit.pdf Im letzten Abschnitt ,,Einkünfte aus Kapital wieder fairer besteuern“ des Papiers heißt es: ,,Wir fordern daher eine Änderung der Besteuerung von Kapitaleinkünften, um eine gerechtere Verteilung der Steuerlast zwischen Löhnen und Gehältern auf der einen Seite und Kapitalerträgen auf der anderen Seite zu erreichen. Damit wäre sichergestellt, dass auch Kapitaleinkommen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Gleichzeitig wollen wir Arbeitseinkünfte bei der Steuer- und Abgabenlast entlasten, dabei fokussieren wir auf untere und mittlere Einkommen.“ Dafür möchte ich mich auch in der kommenden Legislaturperiode weiter einsetzen.

Ich habe mich gefreut, dass Sie sich an mich gewandt haben und hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen kann. Der Austausch mit Bürger*innen ist mir wichtig und kostbar. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit in Hamburg und Berlin informiert werden möchten, können Sie sich gerne hier für meinen Newsletter anmelden. 

Herzliche Grüße
Katharina Beck

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