Welche Maßnahmen ergreifen Sie gegen die verfassungswidrige Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG?
Sehr geehrte Frau Beck,
die oben bezeichnete – international wohl einzigartige – Verlustverrechnungsbeschränkung kann dazu führen, dass die Steuerlast die tatsächlich unterjährig entstandenen Gewinne bei weitem übersteigt, was schlimmstenfalls zur Privatinsolvenz bei Anlegern führen kann, die den Handel lediglich zur Altersvorsorge nutzen und dann vor den Scherben ihrer Existenz ständen.
Die Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes ist aus einer Vielzahl von Gründen gegeben, wird von allen hierzu befragten Steuerrechtlern bestätigt und ist u.a. in der über 60-seitigen Verfassungsbeschwerde von Martin Hlouschek detailliert begründet worden. Schon jetzt sind zahlreiche Klagen vor den Finanzgerichten von durch dieses Gesetz geschädigten Anlegern rechtshängig.
Frage: Welche politischen Maßnahmen zur Abschaffung dieses Gesetzes streben Sie an, um die finanzielle Schädigung der Anleger und die zu erwartende Klageflut vor den Finanzgerichten abzuwenden?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und dafür, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich wenden.
Die von Ihnen angesprochene Verlustbeschränkung des Einkommensteuergesetzes wurde seinerzeit von Union und SPD beschlossen, weil der Bundesfinanzhof die Sichtweise der damaligen Bundesregierung, wonach Totalverluste aus Termingeschäften nicht dem steuerbaren Bereich zuzurechnen sind, nicht anerkannte. Um die Auswirkungen dieser Rechtsprechung zu begrenzen, einigten sich Union und SPD auf die beschränkte Verlustverrechnung, auch mit dem Ziel, den spekulativen Finanzmarkthandel einzudämmen. Wir haben der Einführung dieser Regelung seinerzeit nicht zugestimmt und uns enthalten, weil auch wir hiergegen ernsthafte Bedenken hatten.
Grundsätzlich teilen wir Grüne zwar das Ziel, Spekulationen am Finanzmarkt einzudämmen. Allerdings soll dies für alle Marktakteure gelten und nicht nur für Privatanleger*innen. Die Einführung dieser Regelung zeigt, dass die Abgeltungsteuer an vielen Stellen ungerecht wirkt. Aus diesem Grund setzen wir Grüne uns seit langem dafür ein, die Abgeltungsteuer abzuschaffen und Kapitalerträge wieder im normalen Besteuerungsverfahren zu erheben. In einer umfassenderen Reform könnten so die von Ihnen angeführten und viele weitere Ungerechtigkeiten behoben werden. Leider konnten wir uns mit der Forderung im Rahmen der Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen.
Aufgrund der rechtlichen Zweifelhaftigkeit der Regelung erscheint ein politisches Nachjustieren durchaus angebracht. Wir werden die bestehenden Möglichkeiten zur Reform dieser klagebehafteten Regelungen gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern zeitnah erörtern.
Ich habe mich gefreut, dass Sie sich an mich gewandt haben und hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen kann. Der Austausch mit Bürger*Innen ist mir wichtig und kostbar. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit in Hamburg und Berlin informiert werden möchten, können Sie sich gerne hier für meinen Newsletter anmelden.
Herzliche Grüße
Katharina Beck