Progressive Besteuerung von Einnahmen aus Kapitalerträgen sowie Wiederbelebung der Spekulationsfrist
Sehr geehrte Frau Beck,
als Kleinanleger, der sein erarbeitetes Geld in Aktien/ETF investiert, ärgert es mich, wenn ich sehe, dass sich der Staat an MEINEN Investitionen meiner Meinung nach über Gebühr bereichert. Der Finanzminister hat die Freigrenze um knapp 200 EUR erhöht (sie lag mal viel höher), doch habe ich seit April die Freigrenze überschritten und muss jetzt mehr als 25 % meiner Erträge an einen Staat abführen, der kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Was halten Sie davon, dass die Kapitalertragssteuer gestaffelt wird (z. B.): Ab 1k EUR passiv-Einkommen 5 %, ab 5k EUR dito 10 %, ab 10k EUR 20 % und ab 20k EUR 25 %? Über die Prozentsätze kann man sich streiten. Da ich aber die Einnahmen reinvestiere, wäre eine solche Besteuerung extrem hilfreich, Vermögen aufzubauen. Ferner wäre es schön, wenn die Spekulationsfrist wieder eingeführt werden könnte. Was halten Sie davon? Vielen Dank für eine Antwort.
Sehr geehrter Herr O..,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihren Vorschlag zur Besteuerung von Kapitalerträgen.Wir Grüne sehen in unseren steuerpolitischen Überlegungen eine Staffelung für die Besteuerung von Kapitalerträgen vor.
Wir würden gerne die Kapitalerträge nicht mehr pauschal mit maximal 25%, sondern wir früher üblich und auch fair mit dem jeweiligen persönlichen Einkommensteuersatz des bzw. der Steuerpflichtigen heranziehen. So werden übrigens auch Mieteinnahmen versteuert - auch eine Form von Kapitalerträgen.
Wir betrachten positive Erträge aus Kapital als prinzipiell genauso steuerpflichtig wie Einkünfte aus Arbeit. Daher ist die Spekulationsfrist (also vollständige Steuerfreiheit nach einer Haltefrist) in diesem Verständnis auch systemwidrig. Das investierte Geld ist und bleibt natürlich steuerfrei. Die erzielten Gewinne unterlagen jedoch noch keiner Besteuerung.
Der vom Bundestag erhöhte Sparer-Pauschbetrag von nun 1.000 Euro dient zudem Kleinsparer*innen. Bei unterstellten 3% Zinsen entspricht das immerhin einem Kapitalstock von mehr als 33.000 Euro.
Im Übrigen: Menschen mit geringem Einkommen können schon heute ihre Kapitalerträge geringer versteuern, wenn sie dies im Rahmen der Einkommensteuererklärung prüfen lassen. De facto gibt es also eine progressive bzw. gestaffelte Besteuerung mit einer Kappung bei 25% (zzgl. Kirchensteuer und - nur für besonders hohe Einkommen - den Soli).
Mit der Thesaurierung von Erträgen (also dem Zinseszins) haben Sie einerseits recht, andererseits führt dies dann bei Verkauf von Anteilen zu einer sehr hohen, dann einmalig fälligen Steuerlast und - für den Staat - zu wenig stetigen Einnahmen. Der Gesetzgeber hat sich daher im Zuge des Investmentsteuerreformgesetzes dafür entschieden, mit der sog. Vorabpauschale jährlich einen rechnerisch ermittelten Teil der Erträge zu besteuern und diese "Vorabzahlungen" am Ende mit der tatsächlichen Steuer zu verrechnen. Mit der Reform wurde die Besteuerung von thesaurierenden und ausschüttenden Fonds angeglichen.
Ich habe mich gefreut, dass Sie sich an mich gewandt haben und hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen kann. Der Austausch mit Bürger*innen ist mir wichtig und kostbar. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit in Hamburg und Berlin informiert werden möchten, können Sie sich gerne hier für meinen Newsletter anmelden.
Herzliche Grüße
Katharina Beck