Frage an Karsten Möring von Rike F. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Guteb Tag, Herr Möhring,
wie ich gelesen habe, haben Sie 2018 auf eine diesbezügliche Frage geantwortet, dass Sie mit den Gesetzen und Regeln zur Integrität der Bundestagsabgeordneten sehr zufrieden sind. Dann kam die Corona—Pandemie und die Versicherungen verschiedener Abgeordneter an, mit und während der Pandemie. 2020 rügt der Europarat hinsichtlich der Transparenz und Einflussnahme auf Abgeordnete in Deutschland: "Der Europarat fordert von Deutschland mehr Transparenz und strengere Regeln gegen die politische Einflussnahme von Unternehmen. Zudem solle Bürgern der Zugang zu behördlichen Dokumenten erleichtert werden." Auch die von Ihnen genannte Transparency International gibt für Deutschland deutlich mehr Handlungempfehlungen als nun im neuen Lobbygesetz umgesetzt werden. Aus meiner Sicht bemüht sich die aktuelle Bundesregierung also weder um eine effektive Selbstkontrolle noch darum, das Vertrauen der Bürger*innen in die deutsche Demokratie wieder zu stärken. Gerade durch die Korruptionsfälle während der Pandemie hat dieses Vertrauen enorm gelitten — verständlich, wenn fast alle Bürger*innen in einem oder mehreren Feldern finanzielle Einbußen hinnehmen mussten, während parallel erschreckend viele Politiker, und das sind nur die bekannt gewordenen Fälle, sich an oder mit oder während der Pandemie 'gesund gestossen' haben.
Meine Frage: Haben Sie Ihre Meinung zu diesem Thema mittlerweile geändert, in wiefern oder doch und warum nicht?
Viele Grüße
Rike Freeman
Sehr geehrte Frau Freeman,
vielen Dank für Ihre engagierten Zeilen. Gestatten Sie mir zunächst einen kleinen Hinweis: mein Familienname Möring wird ohne „h“ geschrieben. Das ist nicht schlimm, aber da dieser Fehler bei Fragestellern öfter auftritt, erlaube ich mir in aller Bescheidenheit die Bitte um Beachtung.
Zu Ihrem Fragekomplex. Es ist absolut richtig und erforderlich, dass man das krasse Fehlverhalten, das einzelne Abgeordnete aus meiner Fraktion leider an den Tag gelegt haben, deutlich anspricht. Ich habe mir dieses Verhalten, ich muss das selbstkritisch einräumen, noch vor Monaten in dieser Art und Weise nicht vorstellen können! Wir sind eines Besseren belehrt worden. Die Betroffenen sind aus den Parteien ausgetreten und haben bis auf einen Fall auch ihr Mandat niedergelegt. Wir haben nicht nur aufgeklärt und unseren Beitrag dazu geleistet, sondern wir haben eine große gesetzliche Reform mit angestoßen. Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag auch mit meiner Stimme den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages“ verabschiedet und so die größte Reform seit Bestehen dieses Gesetzes vorgenommen. Ich möchte nur einige Punkte herausgreifen: neue Anzeigepflichten, zum Beispiel für Rückkehrrechte, vertraglicher oder gesetzlicher Art nach der Beendigung des Mandates, Anzeigepflichten für Berichterstatter im Ausschuss, wenn Interessenkonflikte vorliegen können, ein Transparenzbericht an das Plenum des Bundestages, der abgegeben werden muss. Und man kann das verspätete Anzeigen von Nebeneinkünften nach drei Monaten, nach Überschreitung der Frist, auch nicht mehr heimlich machen.
Ich will auch noch § 108e Strafgesetzbuch, Abgeordnetenbestechung, erwähnen. Wir stufen das zum Verbrechen hoch; das wird dazu führen, dass weitere Handlungen in Zukunft von der Strafbarkeit erfasst werden, da durch die Hochstufung zum Verbrechen in Zukunft auch der Versuch strafbar ist. Damit werden Vorbereitungshandlungen zur Abgeordnetenbestechung, zur Bestechlichkeit in den Fokus rücken. Das wird dazu führen, dass ein Verfahren nicht mehr gegen Geldbuße oder Auflage eingestellt werden kann. Es kann auch kein Strafbefehl mehr erlassen werden, sondern bei entsprechendem Tatverdacht kommt es zur Hauptverhandlung. Generalstaatsanwaltschaften werden dann anklagen müssen. Insofern haben wir eine Ausweitung der Handlungen, die darunterfallen.
Wir haben zudem in der Unions-Fraktion einen Verhaltenskodex verabschiedet, mit dem es für die engere Fraktionsspitze ein Verbot von bezahlten Nebentätigkeiten geben wird, zu dem wir einen Integritätsausschuss installieren und mit dem wir auch ein starkes Sanktionsregime einrichten werden. Hier wird aus meiner Sicht unmissverständlich deutlich, dass das Mandat im Vordergrund der Tätigkeit eines Abgeordneten steht und dass Transparenz und strenge Verhaltensregeln die zwingende Grundlage für die Arbeit im Bundestag und das Vertrauen gegenüber dem Parlament sind. Gleichzeitig bleibt das freie Mandat unangetastet. Für mich galt und gilt ohnehin unverändert: Ich nehme in meiner Eigenschaft als Abgeordneter keinerlei Vergütung für irgendwelche von mir erbrachten Leistungen an. Vor diesem Hintergrund die klare Aussage: Wir handeln und schaffen strengste Verhaltensregeln.
In diesem Sinne würde ich mich freuen, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben. Bleiben Sie in diesen herausfordernden Zeiten gesund.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Möring