Frage an Karsten Möring von Wolfgang B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stehen Sie zur Einführung eines öffentlich einsehbares Lobbyregisters?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage. Der Präsident des Deutschen Bundestages führt seit 1972 eine öffentliche Liste, in der Verbände eingetragen werden können, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Zu den Angaben, die für die Registrierung erforderlich sind, gehören der Name und Sitz des Verbandes, die Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, sein Interessenbereich, die Mitgliederzahl, die Anzahl der angeschlossenen Organisationen, die Namen der Verbandsvertreter und die Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregierung. Die Eintragung in die Liste ist Voraussetzung für eine Anhörung ihrer Vertreter und die Ausstellung von Hausausweisen. Die Liste wird auf der Internetseite des Bundestages und im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Das Herantragen von Interessen – im Kölner Wahlkreis wie am Berliner Sitz des Bundestages - gehört für mich zu unserer parlamentarischen Demokratie. Ich spreche im Rahmen meiner Arbeit nicht nur mit sehr vielen Bürgerinnen und Bürger sondern eben auch mit Vertretern von Interessensverbänden, Firmen, Organisationen, Vereinen und Verbänden, wenn es für die sachgerechte Bearbeitung und zur Meinungsbildung innerhalb eines Vorhabens sachgerecht ist. Diese dort gewonnenen Informationen sind für mich oftmals eine wertvolle Hilfe, zumal sie im Gesetzgebungsprozess auch meine Rolle als die Regierung kontrollierenden Parlamentarier stärken. Es wäre geradezu fahrlässig darauf zu verzichten. Übrigens auch die Kontakte der Bundesregierung mit Lobbyisten sind nicht geheim sondern u.a. durch entsprechende Anfragen aus dem Parlament in umfangreichen Drucksachen dokumentiert.
Parlamentarische Entscheidungen, in denen es um diese Interessen geht, sind also nachvollziehbar. Dafür sorgt die Vielfalt der Beteiligten an den politischen Entscheidungsprozessen: Fraktionen und Koalitionskreise, Parlament und Fachausschüsse, öffentliche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige sowie unterschiedlichste – auch gegensätzliche – Interessenvertreter bis hin zum Bundesrat und dem Vermittlungsausschuss. Sie verhindern die Durchsetzung einseitiger Interessen zu Lasten des Gemeinwohls.
Eine Dokumentationspflicht für jede vermeintlich unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung von Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten lehne ich aber eher ab. Ich fürchte, eine solche Verpflichtung würde zu einem unübersehbaren Verwaltungsaufwand führen. Jedes Zusammentreffen mit Externen müsste dann von der Verwaltung vorsorglich dokumentiert werden, da dieses u. U. zu einem späteren Zeitpunkt als jedenfalls mittelbare Beeinflussung einer Vorlage der Exekutive an das Parlament durch Lobbyisten gewertet werden könnte. Praxistauglich wäre dies aus meiner Sicht nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Möring