Frage an Karl Nolle von Marion A. S.
Sehr geeherter Herr Nolle,
In wieweit stehen Sie ehrlich hinter den Problemen und Aufgaben die im Land Sachsen zu lösen sind ? Sind Sie bereit wenn es dem Land und dessen Bürger nützt auch Kompromisse einzugehen über die Parteigrenzen hinaus ?
Wie stehen Sie persönlich zum Einsatz der Bundeswehr in AFG?
Vielen Dank, mit Ihrer Antwort werden Sie mir die Entscheidung für meine Stimmabgabe sehr erleichtern.
MfG
M.A.S.
Guten Tag, Frau Schilder,
das Parlament und seine Abgeordneten, die Legislative, haben die Aufgabe, Bedingungen zu schaffen, mit denen unser Land durch die Exekutive, die Regierung, unter den Augen der rechtsprechenden Gewalt, der Judikative, regiert und verwaltet werden kann. Soweit die Theorie, die wir in der Schule gelernt haben. Die Parteien, so steht es in Art. 21 des Grundgesetzes, wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie "wirken mit", entscheidend ist jedoch jeder einzelne frei gewählte Abgeordnete. So sollte es sein. Leider sind inzwischen immer mehr allgemeine Parteiinteressen an die Stelle von Abgeordnetenentscheidungen getreten. Die Aufgabe des Parlamentes ist, die Regierung zu dem Interesse des Landes und seiner Bürger zu kontrollieren. Es ist nicht allein die Aufgabe der Opposition dies zu tun und ist es auch nicht die Aufgabe der Regierungsfraktionen sich ausschließlich als Beifallspender für die Regierung zu verstehen. Willy Brandt hat einmal gesagt: "Demokratie ist Kontrolle von Macht." Als eine solche Kontrollinstanz muss sich das Parlament unabhängig von Parteibuchstaben verstehen. Soweit, Frau Schilder, zum Grundsätzlichen.
Jeder Abgeordnete des Landtages muss selbstverständlich, wie Sie schreiben, "ehrlich hinter den Problemen und Aufgaben, die im Land gelöst werden müssen, stehen". Dafür trete ich ein und dazu müssen immer wieder Kompromisse unter allen Beteiligten und für alle Betroffenen gefunden werden, die sich an der Sache und nicht an Parteiideologien orientieren. Und darum müssen wir immer so hart wie möglich kämpfen. Wir Sozialdemokraten, mit unserer über 140 jährigen Geschichte stehen dafür, dass die gefundenen Kompromisse maximal sozial gerechte Lösungen für die Menschen erreichen. Wir achten dabei besonders darauf, Anwalt der kleinen Leute zu sein, das ist die große Mehrheit in unserer Gesellschaft. Dabei ist es uns wichtig, dass die Lasten, die wir alle für unsere Gesellschaft zu tragen haben von den breiten Schultern der Reichen und Wohlhabenden in unserem Lande in viel stärkerem Maße getragen werden, als von den schmalen Schultern der kleinen Leute. Dies müssen wir erfahrungsgemäß immer wieder CDU und FDP in Kompromissen abringen. Wir Sozialdemokraten sind das soziale, demokratische und rechtsstaatliche Korrektiv in der Zusammenarbeit mit diesen beiden Parteien.
Sie haben mich nach meiner persönlichen Auffassung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gefragt. Ich antworte darauf gerne, denn in dieser Frage vertrete ich kompromisslos und ohne Einschränkung die Position, dass der dortige Einsatz der Bundeswehr aus meiner Sicht völlig verfehlt ist. Ich kann nicht im geringsten der schlimmen These zustimmen, dass unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt wird. Ich bin für sofortigen koordinierten Rückzug unserer Soldaten aus Afghanistan. Es gilt von Anfang an, jeder dort getötete deutsche Soldat ist ein Soldat zu viel und lässt sich durch nichts rechtfertigen. Ich hätte mir gewünscht, wir Deutschen hätten die Nichtteilnahme am Irakkrieg noch konsequenter praktiziert und dabei auch keine Unterstützungsleistungen, auch keine indirekten, für andere Nationen geleistet. Auch unser Engagement im Kosovo-Krieg halte ich für einen großen politischen Fehler. Wie Sie wissen, Frau Schilder, haben sich in den großen Parteien und im Bundestag zu dieser Frage bisher leider andere Mehrheiten durchgesetzt. Dem stehe ich mit großem Unverständnis gegenüber.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Nolle, MdL