Frage an Karl-Josef Laumann von Martina L. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Laumann,
es ist angedacht, Akademiker für die Pflege zu gewinnen. Sollen sie einen Platz in der Pflege haben? Wir brauchen Menschen, die pflegen. Erfahrungsgemäß arbeiten Akademiker in Führungspositionen. Meines Erachtens brauchen wir keine "Kundenmangager", die neben der Heimleitung und Pflegeleitung Verwaltungsarbeiten übernehmen. Dies würde nur zum Aufbau neuer Bürokratie und Dokumentierung führen. Alle zusätzlichen Gespräche, die die schon von sich aus dokumentierenden Pfleger führen müssten mit einer weiteren Führungsebene, würden wieder weniger Zeit für die Menschen bedeuten.
Dass Dokumentation nichts heißt, hat sich gezeigt (Wallraff deckt auf) Es besteht die Gefahr, dass eine weiter Führungsebene Druck aufbauen könnte auf die Basis, das Haus in einem guten Licht dastehen zu lassen. Ebenso besteht die Gefahr, dass eine eingeschobene Führungsebene die Verantwortung übernehmen soll für Missstände, eine Sündenbockfunktion hat für Heimleitung und Träger.
Oder ist es angedacht, einen Studiengang Pflege und Demenz zu etablieren, so dass dort das Wissen - es gibt ja z.B.keine verpflichtende Demenzausbildung - gelehrt wird und dann unterrichtet an Altenpflegeschulen?
In dieser akuten Pflegenotsituation - im Sommer sind viele Pfleger und Angehörige in Urlaub - sollte es wahrnehmbare Aufrufe geben, damit die Menschen zur Unterstützung in die Heime gehen. An Demenz erkrankte Patienten haben wegen vieler - zu hinterfragenden!- Medikamente eine große Mundtrockenheit, vergessen zu trinken, müssen animiert werden. Das heißt , die meisten verweigern die Nahrung nicht, müssen aber darauf aufmerksam gemacht werden. Je mehr Menschen sich dafür bereit erklären, umso weniger Menschen müssen dehydriert ins Krankenhaus. Vielen wirken verwirrt, wenn sie wenig trinken, sind es aber nicht! Gehirn braucht Wasser!
...... "nicht verdursten lassen!" Eine Kampagne? Sie ist wichtig - auch in Europa (vgl. Tier-,Kinderschutz)
Freundlichen Gruß
Martina Lenzen
Sehr geehrte Frau Lenzen,
Sie haben als Besucherin der Seite http://www.abgeordnetenwatch.de (Nordrhein-Westfalen) eine Frage zum Thema Pflege an mich gerichtet, die ich gern wie folgt beantworten möchte:
Für Ihre Anregungen möchte ich mich zunächst bedanken. Es ist erfreulich, dass Sie sich über praktikable Lösungen in der Pflege Gedanken machen. Verwertbare Vorschläge, wodurch Verbesserungen erzielt werden, sind stets willkommen.
Der Bedarf an Pflegekräften wird aufgrund der prognostizierten Zahl der Pflegebedürftigen weiter zunehmen. Gute Pflege setzt jedoch qualifiziertes und motiviertes Personal voraus. Deshalb ist auch die Fachkräftegewinnung für die Pflegeberufe ein besonderer Schwerpunkt der Bundesregierung. Die Pflegeberufe sollen und müssen eine Aufwertung erfahren. Ein wichtiger Teilaspekt ist dabei eine angemessene Vergütung in der Fläche.
Wesentlich ist zudem die Schaffung eines neuen Pflegeberufegesetzes. Um die Pflegeberufe zukunftsgerecht weiterentwickeln zu können, brauchen wir ein modernes Pflegebildungssystem. Es soll ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Grundausbildung und einer darauf aufbauenden Spezialisierung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege etabliert werden.
Wer das Interesse für die Pflegeberufe wecken möchte, kann auch nicht voraussetzen, dass die Berufsbildungsmaßnahmen selbst zu finanzieren sind. Daher muss die Ausbildung kostenfrei sein. Das bedeutet, dass die in einigen Bundesländern von den Auszubildenden zu leistenden Schulgeldzahlungen abzuschaffen sind.
Darüber hinaus plant die Bundesregierung auf Grundlage des Koalitionsvertrages die häusliche Pflege und das ehrenamtliche Engagement zu stärken und in diesem Zusammenhang niedrigschwellige Entlastungsangebote für Pflegebedürftige und deren pflegende Angehörige auszubauen. Das Ehrenamt in der Pflege wird dadurch weiter gestärkt und in seiner Bedeutung aufgewertet.
Wir wollen damit erreichen, dass
- die Voraussetzungen dafür verbessert werden, dass Menschen mit Demenz und Angehörige, die sich um sie kümmern, an ihrem Wohnort die Unterstützung finden, die sie benötigen.
- Wertschätzung und Anerkennung für Menschen mit Demenz und für diejenigen, die sie im Alltag begleiten, gefördert werden.
- Zur Enttabuisierung von Demenzerkrankungen beigetragen und mehr Möglichkeiten zu sozialer und kultureller Teilhabe eröffnet werden.
Beispielsweise Besuchs- und Begleitdienste sind niedrigschwellige Angebote, die Wirkung zeigen und für die gewünschte Entlastung bei den pflegenden Angehörigen sorgen. Dieses Engagement soll auch belohnt werden. Deshalb plädiere ich für eine steuerfreie Aufwandspauschale analog der finanziellen Entschädigung für Vereinstrainer.
Sehr geehrte Frau Lenzen, für all die genannten Veränderungen werde ich mich aktiv einsetzen. Die Pflege ist ein Kernthema in der Gesundheitspolitik, in deren Mittelpunkt die Pflegebedürftigen sowie die Pflegenden stehen. Diese Menschen brauchen verbesserte Bedingungen - darin sind sich alle einig.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Josef Laumann