Frage an Karl-Georg Wellmann von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wellmann,
wie kann man von einer Demokratie reden wenn wir Kleinunternehmer geszwungen werden, Mitglied in einer Organisation wie der IHK zu sein?
Dieses Versorgungswerk für Lobbyisten & Parteilaichen soll meine Interessen als Kleinunternehmer warnehmen?
Warum wird nicht eine Generalabstimmung aller IHK Zwangsmitglieder seitens der Machthaber initiert ?
So könnten wir uns freiwillig zu Verbänden zusammenschließen und ohne Lobbyisten unsere Interessen warnehmen!
Dies wäre Demokratie! Das derzeitige System ähnelt stalinistischen Zwangsmaßnahmen für unmündige und freiheitsliebende Unternehmer und Leistungsträger!
Thomas H. Schneider
noch FDP Mitglied
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre kritischen Anmerkungen zur Pflichtmitgliedschaft bei der IHK, die ich durchaus teile. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Pflichtmitgliedschaft jedoch für verfassungskonform erklärt. Nach Ansicht des Gerichts ist sie hinzunehmen, weil sie den Kammerzugehörigen mehr Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen eröffne. Zudem sieht das BVerfG in der Pflichtmitgliedschaft "eine freiheitssichernde und legitimatorische Funktion", weil unmittelbare Staatsverwaltung und gesetzlicher Zwang vermieden werde, wenn es um die Mitwirkung der Betroffenen geht. Das Gericht hat allerdings auch herausgestellt, dass die Industrie- und Handelskammern die Grenzen ihrer Aufgaben beachten müssen.
Aus der Pflichtmitgliedschaft folgt nach unserer derzeitigen Rechtsordnung eine Beitragspflicht der Kammerzugehörigen. Dieser Beitrag ist eine Gegenleistung für den "Vorteil" des Mitgliedes aus der Kammertätigkeit. "Vorteil" meint hierbei keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil, sondern die Interessenvertretung aller Mitglieder durch die Kammer selbst. Ob die Kammern dieser wichtigen Aufgabe ausreichend nachkommen, lässt sich in der Tat ausführlich diskutieren. Fakt ist aber auch: Die Beteiligung an der Wahl zum Plenum der IHK beträgt i.d.R. nur durchschnittlich 10 Prozent. Wer nicht wählen geht kann auch nichts verändern.
Aller Kritik zum Trotz hält die Bundesregierung an der IHK-Pflichtmitgliedschaft fest (vgl. Bundestagsdrucksache 14/9175 - Bericht der Bundesregierung über Beiträge, Aufgaben und Effizienz der Industrie- und Handelskammern); sie wird die Problematik aber weiter beobachten.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Georg Wellmann, MdB