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Karl-Georg Wellmann
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Frage von Alexander W. •

Frage an Karl-Georg Wellmann von Alexander W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Wellmann,

durch die Gesundheitsreform sind bislang nicht krankenversicherte Selbständige die vormals und zuletzt einer Gesetzlichen Krankenkasse angehörten zwangsweise wieder Mitglied ihrer vormaligen Gesetzlichen Krankenversicherung geworden. Bemessungsgrundlage für den Beitrag sind neben den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit auch sämtliche weiteren Einkünfte, wie beispielsweise aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit wird hingegen nur das Arbeitseinkommen für die Berechnung des Beitrages herangezogen. Wer also als Nichtselbständiger Kapitaleinkünfte hat, braucht für diese keinen Krankenkassenbeitrag zu entrichten, während ein Selbständiger dies muß - also unterschiedliche Beitragssätze bei gleichem Einkommen. Wer beispielsweise aus selbständiger Tätigkeit ein Einkommen von 2000 € monatlich hat und außerdem noch Kapitaleinkünfte von 800 € , wird bei der GKV einen Beitrag für 2800 € Einkommen zahlen. Wer aber dasselbe Einkommen von 1800 € aus nichtselbständiger Tätigkeit hat
und außerdem Kapitaleinkünfte von 800 € oder sogar mehr, muß nur für 1800 € einen Krankenkassenbeitrag bezahlen.
Stellt dies nicht eine eklatante Ungerechtigkeit dar und verstößt dies nicht eventuell sogar gegen das grundgesetzliche Gleichheitsprinzip?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wilde,

ich nehme Bezug auf Ihre Frage vom 14.11.2007 und verweise dazu auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 22. Mai 2001 - Az. 1 BvL 4/96 -) . Danach ist die Mindestbemessungsgrenze für Selbständige in der gesetzlichen Krankenversicherung verfassungsgemäß. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat auf eine Vorlage des Landessozialgerichts Bremen festgestellt, dass § 240 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

In der Urteilsbegründung heisst es dazu wie folgt:

"1. In der gesetzlichen Krankenversicherung richten sich die zu zahlenden Beiträge freiwillig Versicherter grundsätzlich nach deren gesamter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. In § 240 Abs. 4 SGB V ist geregelt, aufgrund welcher fiktiver Mindesteinnahmen die freiwillig Versicherten zu Beiträgen heranzuziehen sind. In der zur Prüfung vorgelegten, ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung gelten für hauptberuflich Selbständige, die freiwillig krankenversichert sind, höhere fiktive Einnahmen als für andere freiwillig Versicherte. Daraus errechnet sich zum Beispiel für das Jahr 2001 bei einem Beitragssatz von 13,5 % ein Mindestbeitrag von 453, 60 DM monatlich für hauptberuflich Selbständige. Andere freiwillig Versicherte hingegen müssen einen Mindestbeitrag von nur 201, 60 DM monatlich aufbringen. Das vorlegende Landessozialgericht sah hierin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

2. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die vorgelegte Norm mit dem Grundgesetz vereinbar ist, und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar werden nach der vorgelegten Regelung hauptberuflich Selbständige mit niedrigen Einnahmen höher belastet als sonstige freiwillige Krankenversicherungsmitglieder. Die unterschiedliche Behandlung ist aber sachlich gerechtfertigt.

Die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Einnahmen werden bei hauptberuflich Selbständigen nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes festgestellt. Selbständige können Betriebsausgaben etc. abziehen, es werden lediglich die Nettoeinnahmen zugrunde gelegt. Die übrigen freiwillig Versicherten zahlen dagegen Beiträge auf der Grundlage ihrer Bruttoeinnahmen. Insbesondere kommen ihnen Steuererleichterungen, wie Werbungskosten, nicht zugute. Hierin konnte der Gesetzgeber einen Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Behandlung hauptberuflich Selbständiger und sonstiger freiwillig Versicherter sehen. Es dient der Beitragsgerechtigkeit, wenn für hauptberuflich Selbständige der Vorteil aus der Beitragsbemessung typisierend durch die Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze ausgeglichen wird. Zudem ist es legitim, das "Unternehmerrisiko" des hauptberuflich Selbständigen nicht über die Beitragsbemessung partiell auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten abzuwälzen. Hinzu kommt, dass die Mindesteinnahmegrenze aus dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit und der Verwaltungspraktibilität gerechtfertigt ist. Die Einkommensfeststellung bei Selbständigen gestaltet sich erheblich schwieriger als bei abhängig Beschäftigten. Auch die unterschiedliche Mindestbemessungsgrenze für hauptberuflich und nebenberuflich Selbständige begegnet keinen Bedenken. Nebenberuflich Selbständige verfügen in der Regel über andere Einnahmen (z. B. Unterhaltszahlungen, Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung, Versorgungsbezüge); im Ergebnis wirkt sich hier regelmäßig die Mindestbeitragsgrenze des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht aus. Aus den gleichen Gründen ist die unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung der Selbständigen und der Pflichtversicherten gerechtfertigt. Wie der Senat weiter ausführt, ist die Mindesteinnahmegrenze auch der Höhe nach gerechtfertigt. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, eine Härteklausel für bestimmte Gruppen von Selbständigen mit geringem Arbeitseinkommen zu schaffen. Der Senat stellt darüber hinaus fest, dass die Einführung der erhöhten Mindestbeitragsgrenze auch für bereits bestehende Versicherungsverhältnisse nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt."

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Georg Wellmann, MdB