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Karl-Georg Wellmann
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Frage von Patrick K. •

Frage an Karl-Georg Wellmann von Patrick K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wellmann,

warum haben Sie dem Beschneidungs-Gesetz zugestimmt?

In meinen Augen haben SIe damit gegen das GG und die UN-Kinderschutz-Konvention verstoßen, denn niemand hat das Recht, Kindern körperliche Schäden zuzufügen. DIese SChäden sind in dem Fall irreversibel und medizinisch nicht indiziert.

70 Prozent der Deutschen sehen das laut einer repräsentativen Umfrage ebenso: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/studie-mehrheit-der-deutschen-gegen-beschneidungsgesetz-a-874473.html

Kinder können selber entscheiden, was sie mit ihrem Körper anfangen, oder welche Religion sie wählen, sobald sie alt genug dafür sind!

Warum hatten SIe nicht den Mut, für unsere Rechte einzustehen und ignorieren unser Wertesystem, nur weil eine mächtige Lobby die historisch unrühmliche Rolle Deutschlands ausnutzt, um unser fortschrittliches Rechtssystem einer mittelalterlichen Tradition unterzuordnen?

Glauben Sie nicht, das Bundesverfassungsgericht sollte über so eine elementare Frage zwingend entscheiden?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kast,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Beschneidung von minderjährigen Jungen. Sie üben darin nachdrücklich Kritik am Beschluss des Deutschen Bundestages vom Dezember letzten Jahres, eine solche Beschneidung auf gesetzlicher Grundlage auch künftig zuzulassen.

Am 7. Mai 2012 entschied das Landgerichts Köln, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik, dass die Beschneidung eines minderjährigen Jungen aus religiösen Gründen als rechtswidrige Körperverletzung zu werten sei. Es handelte sich zwar um die Entscheidung eines Einzelfalls, die keine Bindungswirkung für andere Gerichte hatte. Dennoch hatte das rechtskräftige Urteil die jüdische und muslimische Gemeinschaft in Deutschland tief verunsichert. Eltern, die ihre Söhne beschneiden lassen wollten und Ärzte, die die Beschneidungen vornehmen sollten, befürchteten nun, dass sie sich damit strafbar machen könnten.

Die Frage nach der Zulässigkeit der Beschneidung musste deshalb geklärt werden. Eine Klarstellung durch das Bundesverfassungsgericht, welche die Gerichte bundesweit binden würde, war in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Es war daher Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden, ob die religiös motivierte Beschneidung von Jungen trotz verständlicher Einwände mit dem Kindeswohl vereinbar sei.
Der Deutsche Bundestag hatte deshalb am 19. Juli 2012 in einem fraktionsübergreifenden Beschluss die Bundesregierung mit breiter Mehrheit aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung miteinander in Einklang bringt. Dieser Gesetzentwurf wurde im Dezember 2012 beschlossen.

Das Landgericht Köln selbst hatte in seiner Entscheidung betont, dass die Frage nach der Rechtswidrigkeit der Beschneidung von Jungen „nicht unvertretbar“ auch anders beantwortet werden kann, als das Gericht dies getan hat.
In nahezu allen Ländern der Welt und insbesondere auch in unserem Kulturraum wird diese Frage anders beantwortet. Dort ist die Beschneidung minderjähriger Jungen erlaubt. Auch in Deutschland hat das Amtsgericht Köln als Vorinstanz und haben Zivil- und Verwaltungsgerichte anders geurteilt.
Die Beschneidung von Jungen ist als Eingriff in die körperliche Integrität irreversibel und natürlich keine Bagatelle. Mit der Verstümmelung der Genitalien von Mädchen und Frauen, die zweifellos strafbar ist und mit strengen Sanktionen geahndet werden muss, ist die teilweise oder ganze Entfernung der Vorhaut bei Jungen aber nicht vergleichbar. Es sind die Eltern, die – in den Grenzen unserer Rechtsordnung – den Inhalt des Kindeswohls festlegen. Sie dürfen sich bei Entscheidungen zur Gesundheit ihres Kindes auch von religiösen Motiven leiten lassen, solange die Behandlung bzw. der Eingriff nach allgemeinen Maßstäben medizinisch vertretbar ist. Das Recht von Eltern, ihre Kinder religiös zu erziehen, ist grundgesetzlich geschützt. Eingriffe in das elterliche Erziehungsrecht sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt, nämlich dann, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Die Beschneidung gefährdet das Kindeswohl nach heutigem Wissensstand in der Regel nicht, wenn bestimmte Voraussetzungen greifen.

Die Beschneidung von Jungen mit Einwilligung ihrer Eltern wurde daher vom Bundestag zugelassen, wenn gewährleistet ist, dass dabei alle modernen medizinischen Standards eingehalten werden.

Mit freundlichen Grüßen
Karl-Georg Wellmann, MdB