Frage an Karl-Georg Wellmann von Josef K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wellmann,
aufgrund der Ermächtigung in § 829 IV 1 ZPO hat das Bundesjustizministerium der Justiz mit Zustimmung des Bundesrates mit Wirkung seit 01.03.2013 ein Formular für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingeführt, 23.08.2012, BGBl. 1822.
Dieses Formular wirft in der Praxis erhebliche Probleme auf. So weigern sich verschiedene Gerichte, zuletzt das Amtsgericht Regensburg einen entsprechenden Beschluss zu erlassen, weil Farbe, Stärke der Linien, Größe der Buchstaben etc. ausgedruckt nicht so aussehen wie das amtliche Formular auf dem Bildschirm.
Ich bitte Sie um Beantwortung folgender Fragen:
a) Warum muss das Formular 9 Seiten haben, wofür vor der Einführung 3 Seiten genügten ? Anmerkung: Das Formular muss insgesamt 4-fach eingereicht werden.
b) Warum muss das Formular farbig sein, obwohl die Justiz für das Einscannen des Formulars noch nicht ausgestattet ist? Die grüne Farbe des Formulars soll für das Einscannen notwendig gewesen sein, so eine Begründung.
c) Ist diese Aufblähung mit einer ressourcenschonenden Politik vereinbar?
d) Warum wird ein pdf-Formular zur Verfügung gestellt, dass sich nicht mit herkömmlicher Software, sondern nur mit teurer Spezialsoftware mit Daten aus einer SQL-Datenbank befüllen lässt?
e) Warum ist das Formular nicht vollständig? Es beinhaltet nicht alle rechtlichen Möglichkeiten einer Pfändung, z.B. diverse Anordnung nach § 836 III 5 ZPO.
f) Setzen Sie sich dafür ein, dass dieses Formular wieder aufgehoben wird?
g) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass kein weiteres Formular, wie z.B. für den Auftrag an den Gerichtsvollzieher, eingeführt wird?
g) Setzen Sie sich dafür ein, dass die echte elektronische Kommunikation Einzug in die Justiz hält?
Sehr geehrter Herr Kellermeier,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12.04.2013. Die von Ihnen aufgeführten Sachverhalte betreffen ein sehr spezielles Einzelthema im Bereich der Justiz. Ich habe Ihre Fragen daher an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) weitergeleitet. Das BMJ hat hierzu wie folgt geantwortet:
"Der äußere Aufbau der Formulare und ihr Inhalt werden durch die Veröffentlichung der Rechtsverordnung im Bundesgesetzblatt bestimmt und bringen das vom Bundesjustizministerium Gewollte zum Ausdruck. Die farbigen Elemente der Formulare stellen ein funktionales Gestaltungselement dar. So sind beispielsweise Hinweise grau unterlegt. Den Nutzern der Formulare - gerade auch den nichtprofessionellen Antragstellern - soll damit eine Hilfe beim Lesen, Verstehen und Ausfüllen gegeben werden. Das Bundesministerium der Justiz kann im Übrigen keine Aussagen zu etwaigen Abweichungen machen, insbesondere nicht dazu, wie die Gerichte im Einzelfall mit Formularen verfahren werden, die im Schwarz-Weiß-Druck eingereicht werden.
Das Landgericht Dortmund hat kürzlich über die Anforderungen an die farbliche Gestaltung der eingereichten Formulare entschieden. In dem Beschluss vom 24. April 2013 (Aktenzeichen: 9 T 118/13) wird ausgeführt, dass die farbliche Gestaltung, wie sie die im Bundesgesetzblatt abgedruckten Formulare aufweisen, nach Auffassung der Kammer nicht Bestandteil der gemäß § 3 ZVFV zwingend einzuhaltenden Form für die Stellung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei.
Dem Hinweis auf etwaige Größenabweichungen, die durch Ausdruck der in das Internet auf die Seite des BMJ eingestellten PDF-Formulare im Verhältnis zu den im Bundesgesetzblatt angegebenen Hinweisen zur Größe der Dokumente entstehen, wird im Bundesministerium der Justiz zurzeit nachgegangen.
Die Formulare sind seit dem 1. März 2013 von allen Antragstellern verbindlich zu verwenden, d. h. sie müssen für alle Pfändungen im Rahmen von § 829 der Zivilprozessordnung (ZPO) genutzt werden können. Dazu führen sie die wichtigsten bzw. am häufigsten in der Praxis vorkommenden pfändbaren Forderungen sowie Fallkonstellationen auf. Außerdem enthalten sie Hinweise, die auch dem nichtprofessionellen Anwender die Antragstellung erleichtern. Es ist nicht zu umgehen, dass solche Formulare deutlich umfangreicher sein müssen als Vordrucke, die sich die Anwender vor Einführung des Formularzwangs für einen Einzelfall oder für eine überschaubare Zahl ähnlich gelagerter Fälle selbst konzipiert haben.
Auf der anderen Seite können verbindliche Formulare nur die am häufigsten vorkommenden Varianten einer Forderungspfändung berücksichtigen; es ist nicht möglich, in einem verbindlichen Formular sämtliche Fallkonstellationen, die in der Praxis vorkommen können, abzubilden, ohne den Umfang der Formulare in unvertretbarer Weise auszuweiten. Deshalb gilt für das Ausfüllen der Formulare, dass der Antragsteller dem Gericht Informationen, für die die Formulare keine Eintragungsmöglichkeit bzw. keinen oder keinen ausreichenden Platz bereithalten, ggf. durch die Nutzung der Freifelder oder durch die Beifügung einer Anlage zukommen lassen kann.
Über eine Flexibilisierung der Online Formulare dahin gehend, dass neben Pflichtfeldern lediglich die (optionalen) Felder ausgedruckt werden, die der Antragsteller im konkreten Fall gewählt hat, wird das Bundesministerium der Justiz im Zuge der Auswertung der Erfahrungen mit den neuen Formularen entscheiden. Eine solche Weiterentwicklung der Formulare würde zu einer Reduzierung des Papierverbrauchs führen. In diesem Zusammenhang wird allerdings auch von Bedeutung sein, in welchem Zeitrahmen die Einführung des angestrebten elektronischen Rechtsverkehrs von den Ländern realisiert werden kann.
Die in das Internet auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz eingestellten PDF-Dateien der Formulare sind vollkommen barrierefrei. Sie ermöglichen damit dem sehbehinderten oder blinden Antragteller ihre Nutzung. Auch dem nichtprofessionellen Antragsteller wird durch sogenannte Quick-Infos das Ausfüllen am PC erleichtert.
Um die Nutzung für professionelle Anwender zu vereinfachen, sind die PDF-Dateien der Formulare ohne Kennwortschutz eingestellt worden. Die Anwender haben mit einer entsprechenden Software die Möglichkeit, aus diesen Formularen ein bearbeitbares Word-Dokument zu erstellen. Nach Durchführung von weiteren Nacharbeiten kann mittels eines solchen Word-Formulars ein automatisches Übertragen von Daten aus einer Datenbank des Antragstellers bewerkstelligt werden. Aufgrund der Vielzahl der von den Anwendern genutzten Softwareprogramme, aber auch wegen Fragen, die im Zusammenhang mit kostenpflichtigen erweiterten Funktionen gegenüber dem Lizenzgeber der PDF-Software, Adobe, entstehen können, kann das Bundesministerium der Justiz keine darüber hinausgehende Hilfestellung bei der Anbindung der Formulare an die Datenbanken der Anwender leisten.
Die Einführung von Formularen, die elektronisch übermittelt bzw. bei den Gerichten elektronisch weiter bearbeitet werden können, ist mittelfristig als Ziel anzusehen, wobei hierfür die Vorbereitungen für den elektronischen Rechtsverkehr in den Ländern entscheidend sind. Die Einführung einheitlicher Formulare dient unter anderem diesem Ziel. An eine Aufhebung des Formularzwangs kann schon deshalb nicht gedacht werden.
Das Bundesministerium der Justiz erwägt, von der Verordnungsermächtigung in § 753 Absatz 3 ZPO zur Einführung von Formularen für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher Gebrauch zu machen. Die Landesjustizverwaltungen und die in der Praxis mit der Materie befassten Ressorts und Verbände wurden bereits in die Konzeption der neuen Formulare einbezogen. Der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund e. V. begrüßt die Einführung einheitlicher Formulare für den Vollstreckungsauftrag außerordentlich, weil dadurch die Arbeit der Gerichtsvollzieher erheblich vereinfacht werden kann; dies gilt insbesondere nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung am 1. Januar 2013, durch das die Gerichtsvollzieher mit zahlreichen neuen Aufgaben betraut worden sind."
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Georg Wellmann, MdB