Frage an Karl-Georg Wellmann von Ernst N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Hr. Wellmann,
wie Spiegel-Online und die Süddeutsche am 14.04.2012 berichteten, soll die Geschäftsordnung des BT am 26.04.2012 dahingehend geändert werden, dass die Redefreiheit der einzelnen Abgeordneten massiv eingeschränkt werden soll.
Die Einzelheiten kann man den Artikeln entnehmen.
Mich würde als Wähler interessieren, wie Sie dazu stehen, dass sich die Abgeordneten hier quasi selbst zu Gunsten der Fraktionen entleiben. Ja ja, Abgeordnete können schriftlich Stellung nehmen, auf einem Papier das später niemand mehr lesen wird!
Fraktionen werden im GG nur in Art. 53a erwähnt und auch dort nur in Zusammenhang mit dem Bundesrat, sind also bloßes technisches Konstrukt, ohne Verfassungsrang.
Wenn aber die Abgeordneten ihre Rechte nicht mehr gemäß Art. 38 wahrnehmen können, nein, schlimmer noch, nicht mehr wollen, immerhin stimmen sie selbst über ihre Geschäftsordnung ab, wozu brauchen wir dann eigentlich noch einen Bundestag bzw. die Abgeordneten?
Wenn die Vorstellungen der Bundesregierung zukünftig nur noch kommentarlos durchgewunken werden sollen, können wir doch Automaten aufstellen!?
Ihre Meinung zu dem Thema interessiert mich als einer ihrer bisherigen Wähler brennend, immerhin haben wir nächstes Jahr Bundestagswahlen.
M.f.G.
Ernst Niebecker
Sehr geehrter Herr Niebecker,
vielen Dank für Ihre Frage vom 14.04.2012.
Ich bin gegen den Vorschlag zur Änderung der Geschäftsordnung. Das Parlament lebt von der Auseinandersetzung. Bundestagspräsident Norbert Lammert hat richtig gehandelt, als er in der Plenardebatte zum Griechenlandpaket abweichende Stimmen zu Wort kommen ließ. An vielen Stellen werden Überlegungen angestellt, wie man Bürger stärker an politischen Entscheidungen beteiligen kann. Dies gilt z. B. für große Infrastrukturvorhaben. Dann kann man nicht auf der anderen Seite das Rederecht von frei gewählten Abgeordneten beschränken. Mit vielen anderen Bundestagskollegen bin ich der Meinung, dass eine solche Änderung der Geschäftsordnung nicht in Betracht kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Georg Wellmann, MdB