Frage an Karl-Georg Wellmann von Stefan A. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Herr Wellmann,
wie ich soeben bei welt-Online ( http://www.welt.de/politik/deutschland/article13631688/Angela-Merkel-darf-mit-der-Kanzlermehrheit-rechnen.html ) erfahren habe, beabsichtigen Sie morgen bei der Abstimmung zum EFSF mit Ja zu stimmen, obwohl Sie am Tag davor (27.9.) bei der Probeabstimmung noch mit Nein gestimmt haben. Ich muß sagen, ich war ziemlich entsetzt und auch wütend. Wie ist dieser Stimmungswandel um 180 Grad innerhalb nur 24 Stunden zu erklären ?
Ich bin angesichts der 3-stelligen Milliardenbeträge tief besorgt um die wirtschaftliche und finanzielle Zukunft in unserem Land. Die meisten anderen Deutschen übrigens auch. Sie lehnen den EFSF entschieden ab und haben kein Verständnis dafür, daß riesige und immer weiter wachsende Milliardenbeträge an Steuergeldern zur Eurorettung aufs Spiel gesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Adolphs
Sehr geehrter Herr von Adolphs,
meine Beweggründe entnehmen Sie am besten einem Schreiben, was ich heute an die Mitglieder meiner CDU Dahlem geschickt habe.
" ...der Deutsche Bundestag hat am 29.09.2011 den Europäischen Stabilitätsmechanismus beschlossen. Ich möchte Sie auf diesem Wege über die Gründe meines eigenen Abstimmungsverhaltens informieren:
Ich war und bin skeptisch, ob dieses der richtige Weg ist. Ich habe meine Zweifel der Öffentlichkeit gegenüber auch nicht verschwiegen. Sie konnten das in den Medien verfolgen.
Wir Abgeordneten standen in einer Konfliktsituation, die uns in einem außergewöhnlichen Maße belastet hat. Die Europäische Union und der Euro waren bisher Grundlage des Wohlstands der Bundesrepublik Deutschland. 8 Millionen Arbeitsplätze hängen in unserem Land von der Exportwirtschaft ab. 60 % unserer Exporte gehen in den Euro-Raum. Deutschland ist ökonomisch und politisch der große Profiteur der europäischen Integration. Dieses Einigungswerk muss erhalten - und ausgebaut werden. Deshalb sind die Anstrengungen unserer Bundeskanzlerin im europäischen Rahmen aller Ehren wert. Vor allem ihrer Führungsstärke ist es zu verdanken, dass in anderen europäischen Ländern inzwischen die Schuldenbremse entweder eingeführt ist, oder ernsthaft diskutiert wird. Vor Jahresfrist ist sie dafür noch verlacht worden.
Ein Teil der währungs- und finanzpolitischen Fachleute hat dringend für die Etablierung des Stabilitätsmechanismus plädiert. Ein anderer Teil hat wegen der Risiken vor seiner Einführung gewarnt.
Ich habe mich nach einem persönlichen Gespräch mit der Bundeskanzlerin am Montag vergangener Woche entschieden, sie bei der Abstimmung zu unterstützen. Im Bundestag gab es ohnehin eine große Mehrheit, weil SPD und Grüne das Vorhaben unterstützten. Ich hätte also mit einer Nein-Stimme keinerlei positive Wirkung erzielt. Ich fand es aber falsch, unsere Bundesregierung dadurch zu schwächen, dass sie keine eigene Mehrheit hat. Angesichts des schwierigen Zustandes unseres Koalitionspartners war es nach meiner Auffassung wichtig, die Geschlossenheit und Entscheidungsfähigkeit unserer Regierungskoalition unter Beweis zu stellen.
Ich hatte die Problematik zuvor innerhalb unserer Kreispartei im Kreisvorstand in Gegenwart der Ortsvorsitzenden zur Sprache gebracht. Nach einer ausführlichen Diskussion hatte ich den Eindruck, dass die überwiegende Mehrheit meine Haltung unterstützt hat.
Ich kenne die Sorgen vor allem der älteren Generation, nachdem es im vorigen Jahrhundert in Deutschland vier Mal zu einem Währungsverfall gekommen ist, zuletzt 1989 in der früheren DDR. Deshalb ist es wichtig, den Euro stabil zu halten. Dies war er in den letzten Jahren seit seiner Einführung, was sich an der geringen Inflationsrate und dem Wechselkurs zum Dollar ablesen läßt. Vor allem dieses war mein Beweggrund, einen Stabilisierungsmechanismus zu unterstützen, der die weitere Stärke des Euro gewährleisten soll."
Mit freundlichen Grüssen
Karl-Georg Wellmann,