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Frage von Ernst D. •

Frage an Karin Thissen von Ernst D. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Dr. Thissen

Ich bin soeben von einer Wohnmobil Tour aus Frankreich und Spanien zurückgekommen. Während meiner fünfwöchigen Urlaubsreise habe ich weder in Frankreich noch in Spanien einen Verkehrsunfall auf der Autobahn oder auf der Landstraße gesehen. In Frankreich herrscht eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h und bei Nässe von 110 km/h. Warum kann in Deutschland keine Geschwindigkeitsbegrenzung durchgesetzt werden, so wie es in anderen Ländern der Fall ist. In Deutschland wird gerast und gerast mit vielen Toten jedes Jahr. Die Franzosen und die Spanier halten sich zu 95 % an die vorgegebene Geschwindigkeit, weil die Strafen drastisch sind. In Spanien gibt es übrigens in vielen Städten eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 beziehungsweise 40 km/h. Warum sind die Deutschen die einzigen weltweit mit Wildwest-Manier auf deutschen Autobahnen. Mein Vorschlag: Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahn wie in anderen europäischen Ländern. Deutliche Anhebung der Strafen bei erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung.

Mit freundlichen Grüßen
Thalheim

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Thalheim,

ich hoffe, Sie hatten eine angenehme und erholsame Reise.
Es ist erfreulich, dass Ihnen und den anderen Teilnehmenden am Straßenverkehr in Spanien und Frankreich kein Unfall passiert ist. Statistisch ist die Wahrscheinlichkeit dort tatsächlich geringer, einen Unfall zu Gesicht zu bekommen. Dies hängt jedoch mit der wesentlich geringeren Verkehrsdichte zusammen. Im Vergleich zur durchschnittlichen Verkehrsbelastung auf den französischen Autoroutes ist bspw. auf deutschen Bundesautobahnen ca. 50% mehr Verkehr. Hinzu kommt ein wesentlich höherer LKW-Anteil, da Deutschland seit Fall des Eisernen Vorhangs ein Transitland im Zentrum Europas geworden ist.
Daher muss man schon tiefer in das Thema einsteigen, um vergleichbare Daten zu finden. Ein internationaler statistischer Wert ist die Anzahl an Verkehrstoten pro einer Milliarde gefahrenen Straßenkilometern. Zumindest zwischen deutschen und französischen Straßen kann man so Rückschlüsse auf die Verkehrssicherheit ziehen. Dieser beträgt auf allen Straßen (Daten aus dem Jahr 2010) in Frankreich 7,1 Verkehrstote, in Deutschland lediglich 5,2. Die Zahl der Verkehrstoten liegt in Frankreich also statistisch um 36,5% höher als in Deutschland. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich, wenn man diesen Wert nur für Autobahnen vergleicht. Dieser beträgt pro einer Milliarde gefahrenen Km auf deutschen Bundesautobahnen (Stand 2010) 1,9 Verkehrstote, auf den französischen Autoroutes 2,4. Somit liegt auch dieser Wert in Frankreich um 26,3% höher.
Aus den Zahlen an Verkehrstoten lässt sich natürlich nicht die generelle Unfallhäufigkeit ableiten. Eine "Wildwestmanier" auf deutschen Autobahnen scheint mir aufgrund dessen aber nicht haltbar zu sein.

Deutlich problematischer ist die Verkehrssicherheit auf Landstraßen. Bei außerörtlichen Bundesstraßen ergibt sich laut der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) ein Wert von 6,6 Verkehrstoten/Milliarde gefahrener Km (Stand 2013). Gründe dafür sind neben dem allgemein schlechteren Ausbaustandard riskante Überholmanöver sowie die meistens nicht vorhandene bauliche Trennung (z.B. Mittelleitplanke) vom Gegenverkehr. Gerade bei überhöhter Geschwindigkeit steigt dann das Risiko eines schweren Verkehrsunfalls stark an. Ob eine stärkere Sanktionierung von Geschwindigkeitsverstößen alleine etwas ändert, erscheint zweifelhaft. In Ländern mit deutlich höheren Bußgeldern sehen die Zahlen auf Landstraßen nicht besser aus. Mir persönlich erscheint eine Erhöhung der Kontrolldichte da effektiver als die einfache Erhöhung der Bußgelder. Dafür aber wäre deutlich mehr Personal bei Ordnungsämtern und Polizei nötig. Wenn die zuständigen Bundesländer dafür sorgen, unterstütze ich dieses Vorhaben ausdrücklich.

Zu niedrigerem Tempo in Ortschaften habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Wenn ein generelles innerörtliches Tempolimit von 30 km/h neben einer gefühlten auch eine tatsächliche Erhöhung der Verkehrssicherheit mit sich brächte, stünde ich der Diskussion offen gegenüber.

Mit freundlichen Grüßen
Karin Thissen