Frage an Karin Kortmann von B. H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Ärzte an deutschen Unikliniken arbeiten über 200 Stunden pro Monat zuzüglich Bereitschaftsdienste. Die Umsetzung der EU-Arbeitsschutzrichtlinie ist in weiter Ferne. Z.T. werden Arbeitsverträge mit einer Dauer von weniger als 6 Monaten vergeben - immer wieder, damit man sich schon anstrengt. Der Stundenlohn für eine Ärztin/einen Arzt an deutschen Kliniken beträgt meist weniger als 10 €! Das ist die traurige Realität! - Was wollen sie für die desolate Situation der Ärztinnen und Ärzte an den Unikliniken in Deutschland tun?
Sehr geehrte Frau Hoffmann,
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Sie haben Recht mit der Feststellung, dass die Situation junger KlinikärztInnen in vielen Krankenhäusern nach wie vor unbefriedigend ist. Allerdings hat die Bundesregierung die von Ihnen genannte EU Arbeitszeitrichtlinie bereits zum 1. Januar 2004 mit der Anpassung des Arbeitszeitgesetzes umgesetzt. Danach ist Bereitschaftsdienst in Gänze als Arbeitszeit zu bewerteten und auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit von wöchentlich 48 Stunden anzurechten. Aus meiner Sicht ist es zwingend, dass diese Arbeitszeitvorschriften angewandt und zum Wohle der MitarbeiterInnnen, aber auch der PatientInnen in den Kliniken umgesetzt werden.
Die Bundesregierung hat deshalb auf Drängen der SPD-Bundestagsfraktion ein 700-Millionen-Euro-Programm ins Leben gerufen, um den Krankenhäusern die Umstellung auf das neue Arbeitszeitrecht zu erleichtern. Den Krankenhäusern stehen damit zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung, wenn sie mittels einer schriftlichen Vereinbarung mit der ArbeitnehmerInnenvertretung nachweisen, dass sie verbesserte Arbeitszeitbedingungen einführen. Dadurch können zusätzliche Personalkosten zur Einhaltung des Arbeitszeitrechts finanziert werden. Beginnend mit dem Jahre 2003 bis zum Jahre 2009 wurde bzw. wird der Betrag jährlich um 100 Millionen Euro erhöht. Ab dem Jahr 2009 stehen den Krankenhäusern somit zusätzlich 700 Millionen Euro zur Verfügung. Mit diesem Programm fördern WIR !!! – und NICHT die CDU/CSU-Fraktion, wie von Frau Philipp bewusst unwahr auf dieser Internetseite behauptet – konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation in Krankenhäusern. Bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Bestimmungen ist auch deren tarifvertragliche Flankierung wichtig. Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst sind bisher noch nicht zu Ende geführt worden. Ob und wiefern die zurzeit auf EU-Ebene geführte Diskussion über die Änderung der Arbeitszeitrichtlinie ein Grund dafür ist, können nur die Tarifvertragsparteien selbst beurteilen. Auch wenn die europäische Richtlinie entsprechend dem Vorschlag der Kommission geändert werden sollte, müsste das deutsche Arbeitszeitgesetz in den wesentlichen Punkten nicht zwingend geändert werden, da den Mitgliedsstaaten entsprechende Regelungen ausdrücklich zugestanden werden. Die abwartende Haltung vieler Verantwortlicher vor Ort ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen. Wir haben mehrfach auf den Arbeitszeitgipfeln die Verantwortung der Beteiligten betont. Es bestand Einigkeit zwischen den beteiligten Institutionen, insbesondere auch bei den Vertretern der Krankenhäuser und der Gewerkschaften, dass die Tarifvertragspartner eine maßgebliche Mitverantwortung für die Ausgestaltung der Bedingung innovativer Arbeitszeitmodell tragen, und der durch das neue Arbeitszeitgesetz geschaffenen Rahmen offensiv zu nutzen sei.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort unsere Position vermitteln zu können, stehe aber gerne für ein direktes Gespräch zur Verfügung. Bitte melden Sie sich bei mir. Die Kontaktdaten finden Sie unter www.karin-kortmann.de
Mit freundlichen Grüßen,
Karin Kortmann