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Frage von Gerd B. •

Frage an Karin Kortmann von Gerd B. bezüglich Familie

Fragen an die Kandidaten der Wahlkreise zu den Bundestagswahlen:

1. Trifft es zu, dass das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) ausschließlich für die Bürger und Versicherten des Beitrittsgebietes geschaffen wurde, um deren Rentenbelange nach der Wiedervereinigung zu regeln?

2. Waren Ihrer Meinung nach die Deutschen, die vor dem Mauerfall und Wiedervereinigung die DDR verlassen haben und rechtsstaatlich in die alten Bundesländer eingegliedert wurden, zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR als DDR-Bürger anzusehen?

3. Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge wurden im Zug ihrer Eingliederungsverfahren nach geltendem Recht (Fremdrentenrecht) in die bundesdeutschen Sozialversicherungen übernommen. Die Rentenversicherungsträger haben den Versicherten darüber entsprechende Bescheide erteilt. Können Sie ein Gesetz nennen, das nach erfolgtem Beitritt der DDR die Löschung dieser Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem RÜG zulässt bzw. sogar verlangt? Können Sie ein Gesetz nennen, das die Versicherungsträger aus der Pflicht entlässt, die betroffenen Versicherten darüber zeitnah zu informieren, also auf die Versendung entsprechender Aufhebungsbescheide zu verzichten?

4. Der Bundestag ist lt. Grundgesetz der Gesetzgeber. Die Gesetzesvorlagen werden in der Regel von Fachleuten aus den einschlägigen Ministerien erstellt. Gesetzeskraft erhalten diese nach der Verabschiedung durch den Bundestag. Halten Sie es für vertretbar, dass die Exekutive nach der Verabschiedung eines Gesetzes dieses Gesetz eigenmächtig auf eine weitere Zielgruppe anwendet, die bei der Debattierung und Verabschiedung des Gesetzes ausdrücklich ausgeschlossen wurde?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bartmuß,

vielen Dank für Ihre Email. Ich gehe davon aus, dass die Frage des Fremdrentenrechts für Aus- und Umsiedler den Hintergrund Ihrer Anfrage bestimmt.

Das Fremdrentenrecht hatte zum Ziel, Vertriebene und Flüchtlinge in das Wirtschafts- und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Flüchtlinge wurden so gestellt, als hätten sie ihre bisherige Erwerbstätigkeit in Deutschland zurückgelegt. Statt den Beitrittszeiten in ihrem Herkunftsland gab es sogenannte Zeiten nach dem Fremdrechtengesetz (FRG-Zeiten).

Die wirtschaftliche Situation der Rentenversicherungsträger war in der ersten Hälfte der 1990er Jahre aufgrund der Veränderungen in den osteuropäischen Ländern durch einen massiven Anstieg der Ausgaben gekennzeichnet. Denen stand ein ausreichendes Beitragsaufkommen nicht gegenüber. Der Flüchtlingsstrom aus dem Osten riss nicht ab und die Ausgaben stiegen und stiegen.

In mehreren Schritten wurden die Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz (FRG) auf 60 Prozent reduziert. Es sollte sichergestellt werden, dass in keinem Fall mehr ein Bezieher mit FRG-Zeiten eine höhere Rente bezieht als ein Bundesbürger. Durch die Begrenzung des Ausgabevolumens sollte die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, verbessert und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen angepasst werden. Die Rentenhöhe für FRG-Zeiten wurde damit fast auf Sozialhilfeniveau gesenkt.

Diese massiven Kürzungen gelten jedoch nicht für Aussiedler aus der DDR. Zeiten, die in der DDR zurückgelegt wurden, gelten inzwischen grundsätzlich als Zeiten im Beitrittsgebiet. Der Ausschluss des FRG mit Artikel 23 § 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 für rentenrechtliche Zeiten, die nach dem 18. Mai 1990 bei einem Träger in der DDR zurückgelegt wurden, wurde durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 auf den Personenkreis der Übersiedler, die vor dem 19. Mai 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sind, übertragen. Grund der bestehenden rechtlichen Regelungen ist, dass es für in der ehemaligen DDR erworbene Beitragszeiten nicht zweierlei Recht geben sollte und dass mit den Änderungen dem allgemein in der Gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsäquivalenzprinzip vermehrt Rechnung getragen wurde.

Die Beitragszeiten im Beitrittsgebiet werden mit einem Faktor auf „Westniveau“ hoch gewertet und sind bei Übersiedlern keine FRG-Zeiten mehr. In verschiedenen Fällen mit Rentenbeginn vor 1996 (Senkung der FRG-Rente auf 60 %) war damit eine Reduzierung der Rentenanwartschaft verbunden – vor allem dann, wenn der Versicherte keine Beiträge zur FZR geleistet hatte. Diese Differenz dürfte heute nicht mehr so hoch sein, da die Ansprüche nach dem FRG auf 60 Prozent auch reduziert worden wären.

Es ist nachvollziehbar, dass die Betroffenen diese Regelung, sofern eine Reduzierung der Ansprüche damit verbunden ist, beanstanden. Jedoch wäre die Ungleichbehandlung von Zeiten im Beitrittsgebiet noch viel schlechter zu vermitteln – insbesondere auch dann, wenn es um die Mitgliedschaft in der FZR geht. Eine ideologische Wertstellung kann das Rentensystem nicht geben. Es wird damit auch kein Versicherter wieder Bürger des Beitrittsgebiets – es geht lediglich um die Bewertung von Zeiten, die irgendwann einmal im Beitrittsgebiet zurückgelegt wurden.

Mit freundlichen Grüßen

Karin Kortmann

PS: Leider können Sie an dieser Stelle nicht mein Foto sehen, da abgeordnetenwatch neuerdings 200 Euro dafür verlangt. Ich möchte Sie aber gerne auf meine Homepage http://www.karin-kortmann.de aufmerksam machen.