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Frage von Michael F. •

Frage an Karin Kortmann von Michael F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Kortmann,

ich habe ihre Präsentation im Internet gelesen.

Welche realen Verbesserung der Lebenssituation der Masse der Bevölkerung in Afghanistan wurde durch die ISAF gesichert?

Wie viele Schulen hätten in Afghanistan mit den Kosten des Krieges durch die NATO, der USA und der anderen beteiligten Kräfte gebaut werden können?

Mit erwartungsvollem Gruß
m. forschner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Forschner,

vielen Dank für Ihre Fragen auf abgeordnetenwatch zu Afghanistan.

Die Lebenssituation der großen Mehrzahl der Afghaninnen und Afghanen hat sich seit 2001 erheblich verbessert - allerdings nicht allein durch die militärische Präsenz von ISAF, sondern auch und vor allem durch die Anstrengungen der Afghaninnen und Afghanen selbst sowie durch die Unterstützung durch die Entwicklungszusammenarbeit.

Ein paar Schlaglichter:
- Die Anzahl der Schulkinder hat sich von rd. 1 Mio. (nur Jungen) 2001 auf mittlerweile über 6 Mio. (davon über ein Drittel Mädchen) erhöht.
- Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen hat sich seit 2001 fast verdreifacht.
- Mehr als 80% der Afghaninnen und Afghanen verfügen mittlerweile über basale Gesundheitsversorgung; dadurch konnte die Kindersterblichkeit (0-5 Jahre) - ein besonders guter Indikator zur Messung der Armut in einem Land - von mehr als 250 pro 1.000 Lebendgeburten auf rd. 190 pro 1.000 Geburten gesenkt werden.

Diese Errungenschaften sind historische Höchststände für Afghanistan: Nie - auch vor Beginn der Krieges 1979 - gingen mehr Kinder in Afghanistan zur Schule, nie war das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen höher, nie hatte ein größerer Anteil der Bevölkerung Zugang zu Gesundheitsversorgung. Natürlich wollen wir noch mehr erreichen, angesichts der verheerenden Kriegsfolgen in Afghanistan und dem für Entwicklungsprozesse kurzen Zeitraum seit Ende 2001 sind die bereits erreichten Erfolge jedoch beeindruckend. ISAF hat dabei die Aufgabe, das nötige sichere Umfeld für Entwicklungsfortschritte zu gewährleisten. Dass dies Voraussetzung für Entwicklung ist, zeigt sich beispielsweise an den instabilen Gebieten im Süden Afghanistans, wo bislang weitaus geringere Fortschritte als im Landesdurchschnitt zu verzeichnen sind.

Zu Ihrer zweiten Frage: Eine Aufrechnung der Kosten für den Militäreinsatz in Afghanistan gegen die Kosten der zivilen Hilfe ist nicht zielführend. Die Alternative Militäreinsatz versus Schulen besteht so nicht, denn ohne Sicherheit - für die ISAF weiterhin gebraucht wird - können in vielen Gegenden Afghanistans keine Schulen gebaut bzw. offen gehalten werden. Die schwierige Situation in den instabilen Gebieten insbesondere im Süden Afghanistans belegt dies. Sobald wie möglich sollen afghanische Sicherheitskräfte, vor allem die afghanische Polizei, die Aufgaben von ISAF übernehmen; deshalb investiert die Staatengemeinschaft massiv in Reform und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Bis die afghanischen Sicherheitskräfte zur kompletten Übernahme der Sicherheitsverantwortung im Land in der Lage sind, brauchen wir jedoch noch mehr Zeit.

Mit freundlichen Grüßen,
Karin Kortmann